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BERLIN
Merkel weist Nazi-Vergleich zurück
Recep Tayyip Erdogan       -  Unterstützer in historischen Militäruniformen begrüßen den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Foto: Yasin Bulbul/Pool Presidential Press Service/dpa | Unterstützer in historischen Militäruniformen begrüßen den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Martin Ferber
Martin Ferber
 |  aktualisiert: 15.03.2017 03:44 Uhr

Am Sonntagabend hatte Angela Merkel genug. Nachdem der Kanzlerin Meldungen bekannt wurden, wonach der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan auf einer Kundgebung die Bundesrepublik Deutschland wegen der kurzfristigen Absage mehrerer Wahlkampfauftritte türkischer Regierungsmitglieder mit dem nationalsozialistischen Regime verglichen habe („Eure Praktiken unterscheiden sich nicht von den Nazi-Praktiken in der Vergangenheit“), griff sie zum Hörer und ließ sich mit ihrem türkischen Amtskollegen Binali Yildirim verbinden.

Was die beiden im Einzelnen miteinander besprachen und in welcher Atmosphäre das Gespräch verlief, wollte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag nicht sagen, gleichwohl dürfte Merkel in aller Deutlichkeit und Entschiedenheit die Äußerungen Erdogans zurückgewiesen haben. Immerhin, beide seien sich einig gewesen, „dass eine weitere Beschädigung des deutsch-türkischen Verhältnisses vermieden werden muss“, sagte Seibert. Und auch Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) griff zum Telefon und sprach fast zeitgleich mit seinem Amtskollegen Mevlut Cavusoglu.

An ihrer Position jedenfalls ließ die Bundesregierung am Montag keine Zweifel aufkommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte den türkischen Präsidenten Erdogan ungewöhnlich scharf. „Solche deplatzierten Äußerungen kann man ernsthaft eigentlich gar nicht kommentieren“, sagte sie. Auch mit dem Wahlkampf in der Türkei seien sie nicht zu rechtfertigen. Der Vergleichs Deutschlands mit dem Nazi-Regime disqualifiziere sich von selbst, da er zudem das Leid der nationalsozialistischen Verbrechen verharmlose. Die Aussagen aus der Türkei machten sie „traurig“.

Zuvor schon hatte Regierungssprecher Steffen Seibert sich in ähnlicher Weise ausgedrückt. Gleichwohl wies er darauf hin, dass der Bundesregierung unverändert viel an einem guten Verhältnis zur Türkei liege, auch wenn es derzeit tief greifende Meinungsunterschiede gebe und Berlin unverändert in „großer Sorge“ über die Einschnitte bei der Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit in der Türkei sei.

Ausdrücklich stellte er klar: „Die Bundesregierung arbeitet nicht an irgendwelchen Einreiseverboten.“ Es sei in jedem Einzelfall die Sache der zuständigen Behörden, auf Länder- oder Gemeindeebene einzuschätzen, wie es um die öffentliche Ordnung und Sicherheit bestellt sei.

Grundsätzlich seien Auftritte türkischer Politiker in Deutschland „innerhalb des Rechts und der Gesetze“ möglich, „wenn sie ordnungsgemäß, rechtzeitig mit offenem Visier so angekündigt werden, dass sie genehmigungsfähig sind“. Merkel appellierte an die Vernunft: „Lassen Sie uns kühlen Kopf bewahren.“

Die Türkische Gemeinde in Deutschland distanzierte sich mit klaren Worten von dem Nazi-Vergleich Erdogans. Die Äußerungen des türkischen Präsidenten seien „absolut überzogen“, sagte ihr Vorsitzender Gökay Sofuoglu.

Der Wahlkampfauftritt des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu in Hamburg ist vorerst abgesagt. Die Veranstaltungshalle wurde wegen einer fehlenden Brandmeldeanlage gesperrt, wie eine Sprecherin des Bezirksamts sagte. Wenige Stunden zuvor hatte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) noch erklärt, dass Cavusoglu seinen Auftritt trotz massiver Proteste abhalten könne.

„Die in der Genehmigung vorgeschriebene Brandmeldeanlage wurde nicht eingebaut. Deshalb darf die Halle bis auf weiteres gar nicht mehr genutzt werden“, erklärte die Bezirksamtssprecherin. Unklar war am Abend, ob die Veranstalter einen Ausweichort finden könnten.

Am Veranstaltungsort, wo Cavusoglu für ein „Ja“ beim Verfassungsreferendum werben wollte, schmierten Unbekannte mehrfach das Wort „Hayir“ („Nein“) an die Wände.

 
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