Auch nach einem Telefonat von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Präsident Barack Obama zur Spionageaffäre bleibt das deutsch-amerikanische Verhältnis angespannt. „Es gibt in der Tat tief greifende Meinungsverschiedenheiten“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Diese ließen sich nicht so schnell überwinden. Merkel und Obama hatten am Dienstag nach tagelanger Funkstille erstmals wieder miteinander gesprochen.
Die NSA hatte über Jahre auch Merkels Handy abgehört. Die Bundesanwaltschaft ermittelt derzeit gegen einen Mitarbeiter im Verteidigungsministerium, der US-Geheimdienstler mit Informationen versorgt haben soll. Bereits seit Anfang Juli sitzt ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Untersuchungshaft, der nach eigener Aussage über mehrere Jahre geheime Informationen an amerikanische Nachrichtendienste lieferte.
Seibert sagte, mit Blick auf die Arbeit von Nachrichtendiensten und die Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in Persönlichkeitsrechte hätten Deutschland und die USA sehr unterschiedliche Auffassungen. „Das ist eine Sache, die sich mit ein paar Gesprächen nicht lösen lässt.“ Offenblieb, von wem die Initiative für das Gespräch ausging. Angesichts der jüngsten Spionagevorwürfe hatte die Bundesregierung vor einigen Tagen den obersten US-Geheimdienstvertreter in Deutschland zur Ausreise aufgefordert.
Die „Bild“-Zeitung berichtete, der Mann werde bis Ende der Woche ausreisen. Seibert erklärte, die Regierung erwarte eine Ausreise innerhalb eines „angemessenen Zeitraums“. Der frühere US-Botschafter in Deutschland, John C. Kornblum, warf der Bundesregierung vor, wegen der Spionagevorwürfe überzogen zu reagieren. Kornblum beklagte eine Art Empörungskultur in Deutschland.