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LONDON
Mehr Zäune, mehr Spürhunde
byl
 |  aktualisiert: 31.07.2015 19:43 Uhr

Tausende Flüchtlinge harren in Calais vor dem Eurotunnel aus und versuchen Nacht für Nacht, in ihr Sehnsuchtsland zu gelangen: Großbritannien. Die Situation spitzt sich zu, seit Anfang Juni kamen zehn Menschen bei ihren Fluchtversuchen ums Leben. In der Nacht zum Freitag sprangen erneut Hunderte Flüchtlinge auf Züge und kletterten auf Laster, um den Tunnel unter dem Ärmelkanal zu durchqueren. Die Regierung in London will deshalb härter durchgreifen.

„Die Situation ist inakzeptabel“, sagte Premierminister David Cameron am Freitag nach einer kurzfristig einberufenen Sitzung des Nationalen Sicherheitskabinetts. „Menschen versuchen, illegal in unser Land zu kommen, und hier gibt es Behinderungen für Fernfahrer und Urlauber“, so der konservative Regierungschef. Seine Lösung? „Wir werden mehr Zäune, mehr Mittel, mehr Spürhunde-Staffeln schicken.“ Gleichzeitig gestand er ein, dass die Krise „den ganzen Sommer über ein schwieriges Thema“ bleiben werde. „Wir schließen keinerlei Aktion aus.“

Jede Nacht kämpfen Hunderte Polizisten und private Sicherheitsleute gegen den Andrang der Flüchtlinge. Die französische Regierung hat 120 zusätzliche Beamte nach Calais beordert, woraufhin die Zahl der Fluchtversuche zuletzt sank. Trotzdem zählen die Behörden noch Tausende pro Nacht. Das Chaos führt auf beiden Seiten des Tunnels zu langen Staus, und Lkw-Fahrer fürchten nach eigenen Angaben um ihre Sicherheit. Man arbeite mit Frankreich Hand in Hand, um eine Lösung zu finden, betonte Cameron. Der Tunnel-Betreiber Eurotunnel, dessen Chef Jacques Gounon von den beiden Regierungen Entschädigungszahlungen in Höhe von 9,7 Millionen Euro für den Schutzaufwand fordert, begrüßte Camerons Ankündigung.

Das Vereinigte Königreich hat bereits umgerechnet 32 Millionen Euro zugesagt, um die Sicherheitsvorkehrungen auf der französischen Seite des Eurotunnels zu verstärken. Zugleich würden laut Cameron schon jetzt Gesetze verabschiedet, die das Bleiben auf seiner Seite des Ärmelkanals erschwerten. Der Premier will Stärke zeigen und dem rechten Flügel seiner Tory-Partei sowie den Rechtspopulisten der Anti-EU-Partei Ukip entgegentreten. Denn beim Thema Einwanderung, ob illegal oder aus der EU, sitzt er in seiner selbst gestellten Falle: Er hat versprochen, die Zahl der Migranten auf netto 100 000 Menschen pro Jahr zu senken. Und ist damit grandios gescheitert.

In der Calais-Krise will sich Cameron deshalb als Macher positionieren und wählte bereits Mitte der Woche harte Worte. „Wir werden mehr illegale Migranten aus unserem Land abschieben“, versprach er den Briten und warnte die Flüchtlinge: „Großbritannien ist kein sicherer Zufluchtshafen.“ Für seine Rhetorik erntete er scharfe Kritik von Menschenrechtsorganisationen und der Opposition.

Warum Großbritannien?

Das Königreich gilt aus vielen Gründen als Eldorado. Zahlreiche Flüchtlinge sprechen Englisch. In Großbritannien laufen außerdem die Asylverfahren deutlich schneller ab als beispielsweise in Frankreich. Hinzu kommt, dass auf der Insel bereits große arabische und afrikanische Gemeinschaften existieren. Verwandte oder Freunde, die es schon über die Grenze geschafft haben, könnten bei der Ankunft helfen. Und beim Finden eines Jobs.

Dass in Großbritannien die Arbeitslosenquote niedrig ist, weckt genauso Hoffnungen wie die wirtschaftliche Lage, die im Vergleich zu den südeuropäischen Ländern deutlich besser aussieht. Außerdem gibt es kein Meldegesetz, sodass es einfacher ist, schwarzzuarbeiten und unterzutauchen. Es herrscht, anders als etwa in Deutschland oder Frankreich, keine Ausweispflicht. Trotz der Warnungen David Camerons, trotz verstärktem Polizeiaufgebot, trotz Hunden, Zäunen und Absperrungen wird Großbritannien deshalb weiter das Traumziel der Verzweifelten von Calais bleiben.

 
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