
Gefährliche Herzschrittmacher, giftige Brustimplantate, fehlerhafte Hüftprothesen – damit soll jetzt Schluss sein. Die EU-Kommission hat am Mittwoch Konsequenzen aus dem Skandal um defekte Gelkissen gezogen, die mehreren Zehntausend Frauen in Europa eingesetzt worden waren. Das verbesserte Medizinproduktegesetz soll die bisherige Trennung zwischen kosmetischen und medizinischen Implantaten beseitigen und den zuständigen Kontrollbehörden erweiterte Befugnisse einräumen.
So sind die Aufseher künftig berechtigt, auch unangekündigt die Produktionsstätten durchsuchen zu können. Das war bisher nicht der Fall und hatte Ende 2011 zu dem Skandal um Brustimplantate des französischen Herstellers PIP geführt. Der Firmengründer hatte zugegeben, seit 1995 Gelkissen mit billigem Industriesilikon gefüllt zu haben. Wenn sich Kontrolleure ankündigten, wurden schnell alle Spuren auf den Betrug verwischt. Das soll künftig nicht mehr möglich sein.
Jedes Produkt erhält eine eigene Identifikationsnummer, mit der es von der Herstellung bis zum Patienten lückenlos rückverfolgt werden kann. Über eine Online-Datenbank können Betroffene wie auch Medizinpersonal die Qualität eines Implantates überprüfen. Von den Kliniken will die Kommission verbesserte Nachweise verlangen, um den Verbraucher- und Patientenschutz zu garantieren. Sollte dennoch ein Rückruf nötig sein, könne rasch Entwarnung gegeben oder ein Wechsel veranlasst werden. „Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, damit so etwas wie in Frankreich nie wieder geschieht“, sagte der zuständige Kommissar John Dalli.
Dazu wird auch eine bessere Zusammenarbeit der Kontrollbehörden nötig sein – auch in Deutschland. Denn als der Skandal um Brustimplantate bekannt wurde, stellte sich heraus, dass der deutsche TÜV schon Monate vorher vor den gefährlichen Gelkissen aus Frankreich gewarnt hatte. Der Alarm aber verhallte ungehört, die riskanten Implantate wurden weiter eingesetzt und führten bei vielen Frauen zu schweren gesundheitlichen Problemen. Da zahlreiche Kissen gerissen waren, gelangte das Billig-Silikon in den Körper und führte in einigen Fällen zu Krebserkrankungen.
„Wir verschärfen die Kontrollen so, dass nur noch sichere Produkte auf den Markt kommen“, versprach John Dalli. Und stellte den Herstellern von Heftpflastern, Implantaten, „kompliziertesten lebenserhaltenden Geräten“ bis hin zu In-vitro-Diagnostika (Instrumente zur Laboruntersuchung) in Aussicht, dass sie damit ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Die Branche setzt in Europa pro Jahr 95 Milliarden Euro um. Nach der Kommission wollen die zuständigen Minister der EU-Staaten und das Europäische Parlament den Vorschlag beschleunigt beraten und spätestens 2013 in Kraft setzen.