Mit dem Sieg von Hassan Ruhani bei der Präsidentenwahl haben die Iraner klar und deutlich für die Weiterführung seiner moderaten Öffnungspolitik gestimmt. „Es kann kein Zurück mehr geben“, hatte Ruhani vor der Wahl mehrmals betont. Die Wähler haben klar signalisiert, dass auch sie kein Zurück mehr wollen.
Vor der Wahl standen die Chancen für Ruhanis Gegenkandidaten gar nicht so schlecht. Ebrahim Raeissi kritisierte geschickt die Wirtschaftsbilanz des Präsidenten in den vergangenen vier Jahren. Die war in der Tat alles andere als rosig. Raeissi versprach ein Ende der Wirtschaftskrise und mehr Arbeitskräfte. Außerdem wollte er zurück zu den islamischen Wurzeln. Für die Wahl konnte er auf die Unterstützung des erzkonservativen Klerus, der Hardliner und der staatlichen Medien zählen.
Strategiewechsel zur rechten Zeit
„Ruhani konnte wirtschaftlich nicht viel vorweisen, daher nahm er mitten im Wahlkampf einen Strategiewechsel vor“, meint ein iranischer Analyst. Anstatt die schwache Wirtschaftsbilanz zu rechtfertigen, fokussierte Ruhani auf die Themen Öffnung und Freiheit. Raeissi warf er vor, auf den Straßen Frauen und Männer durch Mauern trennen zu wollen. Außerdem habe er keine Toleranz für Andersdenkende – und mit dem Ausland könne er auch nicht umgehen.
Das zeigte Wirkung. „Dann lieber arm und frei mit Ruhani, als reich und islamisch mit Raeissi“, sagt die Bloggering Tina M. dazu. Auch die unentschlossenen Wähler bekamen plötzlich Angst, dass mit Raeissi das Land wieder so werden könnte wie zu Zeiten von Ex-Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Der umstrittene Hardliner und Holocaust-Leugner selbst, der das Land als Präsident von 2005 bis 2013 international isoliert hatte, war vom Wahlbeobachtergremium überraschend von der Präsidentenwahl ausgeschlossen worden.
Ruhanis Sieg wurde im Iran landesweit mit spontanen Straßenfesten gefeiert. Viele zeigten das Victory-Zeichen und hielten Bilder Ruhanis hoch. Einige seiner Anhänger machten sich auch mit sarkastischen Slogans über den erzkonservativen Wahlverlierer Raeissi lustig. „Achej, achej, naschod ke“ – frei übersetzt „Ach wie schade, das war wohl nichts“ (mit der Präsidentschaft) – riefen sie nach Augenzeugenberichten und „Raeissi bye-bye“.
Raeissis Niederlage ist schon die dritte Pleite der Erzkonservativen innerhalb von vier Jahren. Nach der Präsidentenwahl 2013 wurde im vergangenen Jahr bei der Parlamentswahl die gesamte politische Elite der Hardliner und Erzkonservativen in der Hauptstadt Teheran abgewählt.
„Nach dieser Triple-Pleite müssen die den Tatsachen endlich mal ins Auge sehen“, sagt die Reformerin Mahschid Sotudeh mit Blick auf den Klerus. Ihrer Meinung nach sollte das erzkonservative Lager „entweder ihren Laden nun ganz dichtmachen oder eine Rundumerneuerung durchführen“.
Unumstößliche Doktrin
Auch außenpolitisch kann Ruhani jetzt seinen Kurs konsequenter durchsetzen. An dem Wiener Atomabkommen von 2015 mit den Weltmächten wolle er ebenso festhalten wie an der Zusammenarbeit mit der UN-Atombehörde IAEA. Es gibt sogar Spekulationen, dass er auch Kontakte mit Vertretern von US-Präsident Donald Trump nicht ausschließe, um eine Aufhebung der US-Sanktionen gegen Teheran zu erreichen.
An der anti-israelischen und pro-syrischen Politik des Iran wird sich aber auch nach Ruhanis Wiederwahl nichts ändern. Beide Themen gehören zur unwiderruflichen außenpolitischen Doktrin der islamischen Republik. Aber Ruhani erwägt eine Normalisierung der Beziehungen zu Saudi-Arabien. „Für Verhandlungen mit den Saudis sind wir immer offen“, sagt Ruhani.