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Marina Berlusconi soll das politische Erbe ihres Vaters antreten
Hat einen Ruf als Powerfrau: Marina Berlusconi.
Foto: AFP | Hat einen Ruf als Powerfrau: Marina Berlusconi.
Von unserem Korrespondenten JULIUS MÜLLER-MEININGEN
 |  aktualisiert: 26.06.2013 19:36 Uhr

Es ist beinahe ein Ritual in Italien. Wird es eng für den Vater, dann lässt der Ruf nach der Tochter nicht lange auf sich warten. Das war schon 1994 so, als Silvio Berlusconi mit seinem Eintritt in die Politik gezwungen war, offiziell die Führung seiner Firmen abzugeben. Schritt für Schritt übernahm seine erstgeborene Tochter Marina Berlusconi die Regie in der Familienholding Fininvest, deren Leitung sie 2005 übernahm.

Und jetzt, wo nach der Verurteilung zu sieben Jahren Haft im Fall „Ruby“ auch die politische Karriere zu zerbrechen droht, soll Marina das politische Erbe ihres Vaters antreten. Die „kleine Zarin“, oder der „Presslufthammer“ wird die 46-jährige Mailänderin auch genannt. Ihre Durchsetzungskraft ist legendär.

Ob das Dementi deshalb ernst zu nehmen ist, das Marina Berlusconi angesichts der Gerüchte um sie verbreiten ließ? Der Zeitpunkt spricht eher dafür, dass die Wachablösung immer wahrscheinlicher wird. Im kommenden Frühjahr könnte der Ex-Premier in letzter Instanz wegen Steuerbetrugs verurteilt werden und müsste alle öffentlichen Ämter abgeben. Wer, wenn nicht Marina, könnte dann den Einfluss der Familie Berlusconi in Italien sichern? Die große Fininvest-Holding, die unter anderem den Medienkonzern Mediaset, den Mondadori-Verlag, eine Versicherungsgruppe, einen Filmverleih und den Fußballverein AC Mailand umfasst, ist wirtschaftlich in Schwierigkeiten. Berlusconis Kritiker sind sich sicher, dass der Unternehmer 1994 in die Politik ging, um sein Imperium zu retten. Der Einstieg der Tochter in die Politik wäre insofern nur konsequent.

Die Entscheidung für Marina, das älteste der fünf Kinder Berlusconis, soll vergangenen Montag nach dem Gerichtsurteil im Fall „Ruby“ bei einem der wöchentlichen Abendessen in der Familie gefallen sein. Kolportiert wird auch, die Fininvest-Chefin bereite sich in Kursen auf ihre neue Aufgabe vor. Die Berlusconi-Getreuen geben sich enthusiastisch angesichts der Kandidatur der Tochter, die der Parteichef wohl am Liebsten im Stile eines Firmenchefs an die Spitze seiner Partei setzen würde. Eine Frau Mitte 40, zudem Unternehmerin, Trägerin des Namens Berlusconi, diese Kombination halten viele in der Partei „Volk der Freiheit“ (PdL) für eine ausgezeichnete Ausgangsposition, um Erfolg bei den Wählern zu haben. Doch im Berlusconi-Lager rumort es auch. Ex-Minister Renato Brunetta protestierte, ihm gefielen weder monarchische noch demokratische Dynastien. „Sie soll erst mal ihre politischen Fähigkeiten zeigen“, schimpfte er.

Als Unternehmerin genießt Marina Berlusconi Respekt. Als „Powerfrau“ etikettierte sie einst das US-Magazin Fortune, in den Ranglisten der mächtigsten Wirtschaftsführerinnen rangiert sie auf den vorderen Plätzen, in Italien ist sie Nummer eins. Als Fininvest-Vorsitzende kontrolliert sie 300 Firmen mit 20 000 Mitarbeitern, und das alles ohne Studienabschluss. Ein Jura- sowie ein Politikstudium brach sie ab, sie lernte, indem sie ihrem Vater und dessen Freunden bei der Arbeit über die Schulter schaute.

Das Verhältnis von Vater und Tochter wird als exzellent beschrieben, gemeinsam haben beide auch ihre Vorliebe für die Schönheitschirurgie. Die Zuneigung der Tochter hat allerdings auch Grenzen. „Mit glatten Haaren sehe ich aus wie er“, sagte Marina einmal. Sie trägt deshalb lieber Dauerwelle und färbt sich blond.

 
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