Wie ist das eigentlich mit der Liebe? Gibt es sie – die richtig große Liebe, oder ist das nur eine Illusion? Schriftstellerin Gaby Hauptmann hat viel über die Liebe geschrieben. In ihren Büchern bewegen sich die Figuren oft auf einer Achterbahn der Gefühle, bevor am Ende doch alles irgendwie gut ausgeht. Wieviel selbst Erlebtes steckt eigentlich in ihren Büchern?
Gaby Hauptmann: Und wie! Es sind aber nicht die besten Erinnerungen . . . Ich war 14 und ziemlich flachbrüstig – meine Schwester war 18 und toll gebaut. Ich habe dann diesen Jungen, 16 war er, ein ganz toller Typ, zu uns nach Hause gelockt. Und was war? Er hat meine Schwester gesehen und nur noch Augen für sie gehabt!
Hauptmann: Nein. Ich finde jemanden vielleicht in einem Moment gut, aber wenn ich ihn dann länger beobachte und er hat beispielsweise schlechte Essmanieren, dann wäre das bei mir schon das Ende der Liebe. Deswegen bin ich mit dem Verlieben etwas kritisch.
Hauptmann: Es kann schon sein, dass mir einer auf den ersten Blick gefällt. Aber dann hat er einige Kriterien zu bestehen, der Arme. Autofahren muss er zum Beispiel können. Wenn ein Mann nicht gut Auto fährt, dann muss ich aussteigen. Das halte ich auch nicht aus. Ich bin viel zu nervös für so etwas.
Hauptmann: Ach, eigentlich waren es ja immer glückliche Lieben, bis auf diese erste . . . Mit16 habe ich mich wieder unsterblich verliebt, dann mit 18 – da waren die Kriterien noch andere. Als Teenager ist man ja vogelfrei und kann sich voll auf die Liebe konzentrieren. Herrlich! Da denkt man nicht darüber nach, ob man das mit der Wochenendbeziehung hinkriegt, man macht es einfach. Später kommen dann solche Überlegungen: Man lernt jemanden im Urlaub kennen und findet ihn toll, überlegt aber schon, was möglich ist und was nicht.
Hauptmann: Es ist nicht mehr das typische Verliebtsein, es ist eine beständige Liebe. Mit Herzklopfen, ja, aber eben auch mit einem tiefen Bauchgefühl. Wenn ich mich heute verliebe, dann sind da zwei erwachsene Menschen, die schon einiges hinter sich haben und sich darüber freuen, dass diese Gefühle mit bald 60 Jahren wieder aufblühen. Aber man verliebt sich, glaube ich, nicht mehr Hals über Kopf. Ich würde sagen, ich verliebe mich überlegter. Aber ich habe in meinem Leben auch schon genug bezahlt – ich schreibe meine Bücher ja nicht einfach so, da spielt auch ein bisschen Erfahrung mit.
Hauptmann: Nein, das glaube ich nicht. Ich bin ja auch immer noch verliebt, aber ich habe die rosarote Brille abgelegt, die ich früher sicher auch getragen habe – um Dinge nicht zu sehen, die ich nicht sehen wollte. Aber auch wenn am Anfang alles rosarot und wunderbar ist und Verliebtsein natürlich wunderschön ist, sollte man trotzdem immer genau hinschauen. Gerade junge Mädchen – nicht dass sie erst dann merken, dass ihr Freund ein schlechter Umgang für sie ist, wenn es eigentlich schon zu spät ist.
Hauptmann: Da gibt es einige Punkte. Humor ist wichtig, aber auch Vertrauen, Zuverlässigkeit, Respekt – und dass man sich Zeit füreinander nimmt. Nicht zu vergessen: Man muss auch an der Liebe arbeiten.
Hauptmann: Ich glaube schon. Es ist ja in einer Beziehung nicht so, dass ein Partner so bleiben kann, wie er ist, und der andere sich komplett verändern muss. Keiner darf sich zugunsten des anderen aufgeben, man muss kompromissbereit sein. Es wird immer Dinge geben, die findet der eine gut und der andere nicht – Sport zum Beispiel. Wenn sich jemand, der sein ganzes Leben lang nie Fußball geguckt hat, in einen Fußballverrückten verliebt, der jeden Samstag stundenlang vor dem Fernseher sitzt oder seinem Verein hinterherfährt, Wimpelchen kauft und was weiß ich.
Ich würde verrückt werden! Frauen machen oft den Fehler, ihre eigene Passion aufzugeben und sich dem Mann anzuschließen nach dem Motto: „Ich besteige zwar nicht gern Berge, aber wenn er das gern macht und deshalb das ganze Wochenende unterwegs ist, dann gehe ich halt mit.“ Wenn es dann zur Trennung kommt, merken sie, was sie aufgegeben haben, obwohl der Partner das nicht verlangt hat. Sicher gibt es in jeder Beziehung den Druck, alles richtig machen zu wollen, aber man muss es halt auch mal darauf ankommen lassen.
Hauptmann: Oh ja. Man sieht es bei mir zu Hause: Kerzen, Kerzen, Kerzen. Der offene Kamin, der Blick auf den See mit traumschönem Sonnenuntergang jeden Abend. Ich mag diese Stimmung gern.
Hauptmann: Nein, Liebe hat in meinem Leben nie gefehlt. Es ist so: Ich bin jemand, der versucht, Gutes zu tun, aber ich bin bestimmt nicht immer ganz einfach. Ich bin beispielsweise super ungeduldig, das kann andere Menschen belasten. Bei allem Stress hatte ich aber immer das Glück, Menschen um mich zu haben, die mich geliebt haben und die ich auch geliebt habe.
Verliebtsein ist das Prickeln, aber Liebe ist das, was einen über Wasser hält, selbst wenn es einem mal schlecht geht.
Hauptmann: Manchmal ist das total komisch. (lacht) Ein Nachbar fuhr mal hier vorbei, braungebrannt. Es stellte sich heraus, dass er in den vorzeitigen Ruhestand gegangen war. Dann sage ich: „Und jetzt steigst du aufs Motorrad und fährst mit deiner Frau nach Italien?“ Darauf er: „Schön wär?s!“ Er hatte das Gefühl, Bäume ausreißen zu können, aber immer, wenn er sich allein auf die Socken gemacht hat, hatte er ihr gegenüber ein schlechtes Gewissen – und wenn er zu Hause blieb, hatte er sich selbst gegenüber ein schlechtes Gewissen. Dann habe ich „Liebling, kommst du?“ geschrieben. Es werden mehr und mehr Menschen frühzeitig pensioniert, die dann plötzlich viel Zeit haben und gar nicht wissen, was sie damit anfangen sollen. Das sind Themen, die mir auf der Straße einfach zugeworfen werden.
Nein. Ich höre Hörbücher – Biografien zum Beispiel, aber auch Sachen wie „Der Schwarm“ oder „Die Päpstin“. Die stehen als Bücher bei mir im Regal, werden aber leider nie gelesen, weil ich gar keine Zeit dafür habe.
Hauptmann: Meine liebste Sendung ist „Terra X“! Aber ich habe natürlich auch schon mal einen Rosamunde-Pilcher-Film gesehen. Das war an einem Neujahrstag, ich lag am Arlberg im Bett, draußen hat es geschneit, und ich habe den Film wirklich genossen. Wichtig ist, dass ich mich bei einem Film – und natürlich auch einem Buch – zuhause fühle.
Hauptmann: Ja, viele schildern mir ihre eigenen Probleme. Oder erzählen mir ihre Lebensgeschichte. Oder schicken mir ihre Manuskripte – was nichts nützt, da ich zwar Autorin bin, aber keine Verlegerin.
Hauptmann: Von mir? Sowieso! Ich bin ja die laufende Beziehungsratgeberin. Wenn mich jemand fragt, dann sage ich auch meine Meinung. Nur wenn jemand ein echtes Problem hat, empfehle ich eher den Therapeuten – oder den Scheidungsanwalt. Es gibt ja Frauen, die fallen immer wieder auf Macho-Typen rein. Dann sage ich: Nehmen Sie einfach mal einen Lieben! Wenn einem ein Mann nicht guttut, muss man ihn ja nicht behalten.
Hauptmann: Sogar sehr viel. Einer wollte mal die roten Socken haben, die ich im „Nachtcafé“ im Fernsehen getragen habe . . . (lacht).
Gaby Hauptmann
Die 58-Jährige wuchs in Trossingen (Lkr. Tuttlingen) auf. Sie arbeitete als Redakteurin bei einer Tageszeitung. Bekannt wurde sie als Schriftstellerin. 1994 veröffentlichte sie ihr erstes Jugendbuch: „Alexa, die Amazone“. Ihr erster Roman, „Suche impotenten Mann fürs Leben“, wurde zum Bestseller. Zu Hauptmanns Erfolgsbüchern (sie hat 30 Romane in 20 Jahren geschrieben) gehören auch „Nur ein toter Mann ist ein guter Mann“ und „Hengstparade“.
Zuletzt erschien „Zeig mir, was Liebe ist“. Hauptmanns Bücher sind in 38 Ländern erhältlich, zum Teil wurden sie verfilmt. Laut Piper-Verlag wurden weltweit zehn Millionen Exemplare verkauft. Seit 2005 erscheint die Pferdebuch-Serie „Kaya – frei und stark“, die ebenfalls im Ausland erfolgreich ist. Gaby Hauptmann lebt in einer Beziehung. Seit 1982 wohnt sie in Allensbach am Bodensee. Ihre Tochter ist 24 Jahre alt. nri/SK