
Die Bundesregierung hat sich die Lösung der Mali-Krise ganz anders vorgestellt. Eigentlich sollte die westafrikanische Wirtschaftsunion ECOWAS den Norden des Landes aus der Hand der islamistischen Rebellen befreien. Für Deutschland und die EU war lediglich eine „Ausbildungshilfe“ vorgesehen, damit Mali eine echte eigene Armee bekommt. Der Vormarsch der Islamisten hat die Europäer nun unter Zugzwang gesetzt. Frankreich ist mit Truppen vor Ort, Deutschland will nach erstem Zögern logistische Hilfe leisten.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) schließen das aus. Nach den Erfahrungen in Afghanistan ist die Bereitschaft zur Entsendung von Bundeswehr-Kampftruppen äußerst gering. Unumstritten ist die Haltung nicht. Der für Außenpolitik zuständige Unions-Fraktionsvize Andreas Schockenhoff zum Beispiel plädiert dafür, sich alle Optionen offenzuhalten. Als Argument ist zu hören, Deutschland könne „nicht immer Nein“ sagen.
Wie könnte Deutschland nun helfen?
Mit Westerwelles Worten „zum Beispiel politisch, zum Beispiel logistisch oder auch humanitär oder im medizinischen Bereich“. Konkreter wird der Außenminister nicht, zumal er Ende vergangener Woche noch zurückhaltender war. Am wahrscheinlichsten scheint die Entsendung von Transall-Transportmaschinen zur Verlegung afrikanischer Truppen. Malis Nachbarn fehlen dazu die Kapazitäten. Die Bundeswehr jedoch könnte trotz der anderen Einsätze mehrere Flugzeuge abstellen. Zudem ist Berlin weiterhin bereit, sich mit einigen Soldaten an einer EU-Mission zur Ausbildung malischer Streitkräfte zu beteiligen.
Das ist völlig offen. Es ist aber damit zu rechnen, dass schnell Entscheidungen getroffen werden. Am Mittwoch kommt der ECOWAS-Vorsitzende Alassane Ouattara zu Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Berlin. ECOWAS ist die Wirtschaftsunion von 16 westafrikanischen Staaten. In der Woche darauf finden die Feiern zum 50-jährigen Bestehen des Elysée-Vertrags statt, in dem sich Berlin und Paris zum Ziel einer gemeinsamen Verteidigungspolitik bekennen. An Streit haben Deutschland und Frankreich derzeit noch weniger Interesse als sonst.
Müsste der Bundestag zustimmen?
Das hängt ganz von der Art des Einsatzes ab. Laut Parlamentsbeteiligungsgesetz muss er über jeden bewaffneten Einsatz der Bundeswehr im Ausland entscheiden. Es gibt aber immer wieder Streit darüber, wo die Grenzen sind. Die Bundesregierung könnte auch unabhängig von der Rechtslage den Bundestag befragen, um den Soldaten im Einsatz mehr Rückendeckung zu geben.
Gibt es auch Stimmen für einen Kampfeinsatz?
Noch nicht direkt. Deutschland sollte nach Ansicht des CDU-Außenpolitikers Andreas Schockenhoff keine Form von Hilfe für den französischen Kampfeinsatz in Mali ausschließen. Sollten militärische Fähigkeiten Deutschlands gefragt sein, „muss das selbstverständlich geprüft werden“, sagte Schockenhoff. Er halte es für „falsch, von vornherein etwas auszuschließen“.
Frankreich hat seine Sicherheitsvorkehrungen schon verschärft. In Deutschland hat sich die Sicherheitslage nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums noch nicht verändert. Die Gefahr von Vergeltungsschlägen sieht das Ministerium auch ohne konkrete Hinweise trotzdem jetzt schon.
Nach dem Eingreifen der Franzosen in Mali will die Europäische Union die geplante Entsendung von rund 200 Militärausbildern vorziehen. Sie sollen „in der zweiten Februarhälfte oder Anfang März“ einsatzbereit sein und die malische Armee in die Lage versetzen, selbst gegen terroristische Bedrohungen vorzugehen, sagte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel. An einem Kampfeinsatz werde sich die EU aber nicht beteiligen.
Am Montag kündigte Paris die Verlegung weiterer Kampfflugzeuge vom Typ Rafale nach Mali an. Die Soldaten sind unter anderem mit Kampfflugzeugen des Typs Mirage 2000 D und Kampfhubschraubern des Typs Gazelle im Einsatz.
Erste Erfolge
Die französischen Truppen haben nach mehrtägigen Kämpfen in Mali den islamistischen Aufständischen im Norden des Landes nach eigenen Angaben „schwere Verluste“ zugefügt. Allerdings räumte die französische Regierung am Montag ein, dass die Rebellen die Stadt Diabali im Süden des westafrikanischen Krisenlandes unter ihre Kontrolle gebracht hätten. Diabali liegt rund 400 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Bamako. Die malische Armee habe die Stadt zwar verteidigt, sei aber unzureichend ausgerüstet gewesen, sagte Frankreichs Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian. Mit ihren Luftangriffen auf strategisch wichtige Städte im Norden haben die Franzosen nach malischen Angaben die Rebellen aus Gao, Kidal und Timbuktu vertrieben. Die Luftangriffe auf Gao hätten aufgehört. TEXT: dpa