Der Fall des katalanischen Separatistenführers Puigdemont belastet zunehmend die deutsch-spanischen Beziehungen. Die konservative spanische Regierung bezeichnete Äußerungen der deutschen Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) zum Thema Auslieferung und Katalonien als „unglücklich“. Zudem droht Spaniens Justiz damit, den Europäischen Gerichtshof anzurufen, um überprüfen zu lassen, ob Schleswig-Holsteins Oberlandesgericht (OLG) das EU-Auslieferungsrecht hinsichtlich Puigdemont ordnungsgemäß anwendet.
Das OLG in Schleswig hatte in einer Vorentscheidung festgestellt, dass aufgrund des deutschen Rechts eine Auslieferung des früheren katalanischen Ministerpräsidenten wegen Rebellion nicht infrage komme. Nur wegen des Vorwurfs der Veruntreuung von Steuergeldern komme eine Überstellung an Spanien in Betracht – auch wenn dazu noch Klärungsbedarf bestehe. Zugleich hatte das OLG Haftverschonung mit Auflagen für den Separatistenführer angeordnet, der nun in begrenzter Freiheit auf eine endgültige Entscheidung über das spanische Auslieferungsgesuch warten kann.
„Ein freier Mann“
Deutschlands Justizministerin Barley hatte daraufhin die Entscheidung des OLG als „absolut richtig“ bezeichnet. Spanien müsse nun erklären, warum sich Puigdemont der Untreue schuldig gemacht haben soll. „Das wird nicht einfach sein.“ Wenn die Erklärung der spanischen Justiz nicht überzeugend sei, werde der Haftbefehl aufgehoben, „dann ist Puigdemont ein freier Mann in einem freien Land – nämlich in der Bundesrepublik“. Zudem forderte Barley, dass man „jetzt miteinander auch über die politischen Komponenten reden“ müsse.
Die spanische Regierung in Madrid, die bisher auf die gute Zusammenarbeit mit Berlin vertraute, zeigte sich am Wochenende von Barleys Äußerungen überrascht. Und sie machte umgehend klar, dass man diese Kommentare als unzulässige Einmischung in die Unabhängigkeit der Justiz betrachte. Der spanische Außenminister Alfonso Dastis sagte: „Diese Erklärungen sind etwas unglücklich, denn den Europäischen Haftbefehl hat man in der EU eingeführt, um dieses Thema unter Richtern anzugehen und unabhängig von politischen Meinungen.“
Regierungschef Mariano Rajoy stellte ebenfalls klar, dass er Barleys Sätze unangebracht findet: Das spanische Auslieferungsgesuch „ist ausschließlich ein Thema der Justizbehörden“. Weiter sagte er: „Wir haben eine Gewaltenteilung und die Regierungen mischen sich nicht in diese Angelegenheit ein.“
Schwierige Rechtsfragen
Aber auch zwischen der Justiz der beiden Länder scheint das Vertrauen gestört zu sein. Spaniens Generalstaatsanwaltschaft wie auch der Oberste Gerichtshof in Madrid erwägen, den Auslieferungsstreit dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen – dies könnte eine Entscheidung über Puigdemont weiter verzögern. Die spanische Staatsanwaltschaft erinnert in einer Erklärung daran, dass die deutschen Richter im Zuge des europäischen Auslieferungsverfahrens nur zu entscheiden hätten, ob die erhobenen Vorwürfe auch in Deutschland strafbar wären. Sie seien aber nicht befugt, darüber zu befinden, ob ein Tatvorwurf der spanischen Justiz, zum Beispiel jener der Veruntreuung, prinzipiell berechtigt sei oder nicht.
Puigdemont meldete sich nach seiner Freilassung zu Wort. Dieses Mal aus Berlin, wo er sein vorübergehendes Lager aufschlagen und den Ausgang des Auslieferungsverfahrens abwarten will. Er forderte erneut eine internationale Vermittlung im katalanischen Unabhängigkeitskonflikt und Dialogbereitschaft der spanischen Regierung. Die Krise in der spanischen Region, die in ein separatistisches und ein spanienfreundliches Lager gespalten ist, müsse mit „politischen Werkzeugen“ gelöst werden.