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PARIS
Macron verliert sein grünes Gewissen
FILES-FRANCE-GOVERNMENT-HULOT       -  Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (links) mit seinem Umweltminister Nicolas Hulot
Foto: Fred Tanneau afp | Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (links) mit seinem Umweltminister Nicolas Hulot
Von Birgit Holzer
 |  aktualisiert: 02.04.2019 11:48 Uhr

Viele feierten es als großen Coup des Präsidenten Emmanuel Macron, einen Mann wie ihn als Umweltminister für sein Kabinett zu gewinnen: Der beliebte Öko-Aktivist und frühere TV-Moderator Nicolas Hulot gilt schon lange als eine Art grünes Gewissen Frankreichs. Vergeblich hatten bereits Macrons Vorgänger versucht, ihn anzuheuern. Dementsprechend hart ist nun der Schlag für den Präsidenten, ihn zu verlieren. Gestern kündigte Hulot im Radiosender France Inter seinen Rücktritt an. „Ich will mich nicht mehr belügen“, begründete der 63-Jährige die Entscheidung, die die schwerste seines Lebens sei. „Ich will mich nicht mehr der Illusion hingeben, dass meine Anwesenheit in der Regierung zeigt, dass wir auf der Höhe der Herausforderungen seien.“

Während der Planet auf eine Klimakatastrophe zusteuere, begnüge sich die französische Regierung mit kleinen Schritten, klagte Hulot. Solange deren Mitglieder nicht an einem Strang ziehen, sei wenig zu erreichen – ob beim Kampf gegen Pestizide, gegen den Kohlendioxidausstoß oder für einen geringeren Anteil der Atomenergie. So musste er gegen seine eigene Überzeugung verkünden, dass die Regierung von dem 2015 in einem Gesetz zur Energiewende festgelegten Ziel absehe, den Nuklearstrom-Anteil bis 2025 von derzeit 75 auf 50 Prozent zu senken. Anders als versprochen, wurde bislang kein einziger Reaktor geschlossen.

Im Mai sagte Hulot bei der Vorstellung eines Plans für die Biodiversität, dieser sei „außer ein paar wenigen ohnehin allen egal“. Als bei Regierungsberatungen über eine Jagdreform vor einigen Tagen zu seiner Überraschung ein Vertreter der Jägerlobby mit am Tisch saß, reichte es ihm. „Es ist eine Anhäufung von Enttäuschungen“, so Hulot. „Ich glaube nicht mehr daran.“

Anhäufung von Enttäuschungen

Der Rücktritt kommt zu einer schwierigen Zeit für den Präsidenten, der geschwächt aus der Sommerpause geht. Diese war bestimmt vom Skandal um seinen früheren Sicherheitsberater Alexandre Benalla, der bei einer Veranstaltung am 1. Mai in Polizei-Montur grob gegen Demonstranten vorgegangen war, obwohl er kein Polizist ist. Heute beginnen Verhandlungen mit den Sozialpartnern zum geplanten Umbau der Arbeitslosenversicherung, der für Widerstand sorgen dürfte.

Darüber hinaus entlarven Hulots Erfahrungen an der Spitze des Umweltministeriums die große Macht der Lobbys, an der bereits mehrere Vorgänger von ihm verzweifelten. Auch entsteht der Eindruck, dass Macron Fragen des Umweltschutzes und der Ökologie wohl weniger als Priorität behandelt als versprochen.

Er teile nicht unbedingt Hulots Ansichten, sagte Republikaner-Chef Laurent Wauquiez. „Aber ich kann verstehen, dass er sich wie viele Franzosen betrogen fühlt durch starke Versprechen und dem Gefühl, dass sie nicht eingehalten wurden.“ Grünen-Politiker Yannick Jadot nannte den Rücktritt die „Folge einer fehlenden ökologischen Politik der Regierung“. Auch ein Abgeordneter von Macrons LREM-Partei, Matthieu Orphelin, kommentierte, er müsse „wie ein Elektroschock wirken. Für jeden.“

 
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