zurück
TEHERAN
Machtkampf mit Karikaturen im Iran
Martin Gehlen
 |  aktualisiert: 08.05.2016 03:25 Uhr

Irans Außenminister Mohammed Javad Sarif reagierte gereizt. „Betrachten Sie den Iran nicht als Monolithen. Die iranische Regierung unterstützt oder organisiert nicht ein Karikaturenfestival dieser Art“, polterte er kürzlich im Interview mit dem „New Yorker“, als er nach dem neuerlichen Holocaust-Wettbewerb seines Landes gefragt wurde. Verantwortlich dafür seien Organisationen, die nicht von der iranischen Regierung kontrolliert würden, erklärte er. Auch die US-Regierung werde schließlich nicht haftbar gemacht für rassistische Hassorganisationen wie den Ku-Klux-Klan.

„Diese Aktion birgt die Gefahr, den jahrelang aufgebauten Dialog zwischen unseren

Universitäten nachhaltig zu beschädigen.“

Hans-Jochen Schiewer, Rektor der Freiburger Uni,

an seinen Amtskollegen in Isfahan

Sarif weiß, dass das von Hardlinern für Juni ausgelobte judenfeindliche Zeichnertreffen dem internationalen Ansehen der Islamischen Republik schaden und die Entspannungspolitik des moderaten Präsidenten Hassan Rohani belasten wird. Das Gleiche gilt für die jüngsten demonstrativen Raketentests der Revolutionären Garden, die Israel von iranischem Territorium aus erreichen könnten.

Rohani machte vergangene Woche offen Front gegen israelfeindliche Propaganda. In einem Brief an Revolutionsführer Ali Khamenei verlangte er, die Aufschrift „Tod für Israel“ müsse von allen iranischen Raketen entfernt werden.

Der erste Karikaturenwettbewerb 2006 war eine Idee von Vorgängerpräsident Mahmud Ahmadinedschad, ein Antisemit und Israelhasser, der den Holocaust als Mythos ableugnet. Damals gingen 1100 Beiträge aus 60 Ländern ein, darunter bekannte rechtsextreme Zeichner. Organisatoren waren das iranische Haus der Karikaturen, welches von der Stadt Teheran finanziert wird, sowie die Zeitung „Hamshahri“, dem offiziellen Sprachrohr der Stadtverwaltung.

2015 beim zweiten und jetzt 2016 beim dritten Karikaturenwettbewerb führen neben dem Haus der Karikaturen auch das Owj- und Sarsheshmeh-Kulturzentrum Regie, die beide von den Revolutionären Garden und den gefürchteten Basij-Milizen finanziert sind. Gab es 2015 noch 12 000 Dollar für den Sieger, sollen es in diesem Jahr 50 000 Dollar sein. Gezeigt werden die Siegerblätter auf der 11. Karikaturen-Biennale in Teheran, die das Ministerium für Kultur und Islamische Führung ausrichtet.

Parallel dazu schrieb in diesem Jahr auch der Islamische Studentenverband der Universität Isfahan einen Holocaust-Karikaturenwettbewerb aus, was bei der deutschen Partneruniversität in Freiburg auf scharfe Kritik stieß. Das Preisgeld sind 35 Dollar. Die Karikaturen sollten das „falsche Szenario des Holocaust“ entlarven, heißt es in der Ankündigung, über der ein judenfeindliches Plakat prangt.

„Diese Aktion birgt die Gefahr, den jahrelang aufgebauten vertrauensvollen Dialog zwischen unseren Universitäten nachhaltig zu beschädigen“, schrieb Freiburgs Rektor Hans-Jochen Schiewer an seinen Isfahaner Kollegen und forderte ihn auf „sich dringend von diesem, die Opfer des Naziregimes verachtenden Wettbewerb zu distanzieren“.

Für die Regierung Rohani, die vor drei Monaten mit dem Atomvertrag das Fundament für die Rückkehr Irans in die Staatengemeinschaft legen konnte, ist die von ihren Gegnern angezettelte neuerliche Holocaust-Kontroverse eine schwere Hypothek.

Die Hardliner, die bei den Wahlen zu Parlament und Expertenrat im März deutliche Verluste erlitten, wollen keine Liberalisierung der Gesellschaft und keinen Ausgleich mit dem Westen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Martin Gehlen
Ali Chamene'i
Cartoon
Entspannungspolitik
Hassan Rohani
Iranische Regierungen
Ku-Klux-Klan
Mahmud Ahmadinedschad
US-Regierung
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen