„Es ist schwierig, Versöhnung zu predigen, wenn man selbst nicht versöhnt ist“, so hat der katholische Kardinal Kurt Koch einmal die Notwendigkeit der Ökumene beschrieben, also das Streben nach Einheit der Christen. Am Dienstag kam Koch, Präsident des päpstlichen Einheitsrates, mit Papst Franziskus von einer Reise anlässlich des Reformationsjubiläums aus Schweden nach Rom zurück. Und der Ökumene-Beauftragte des Papstes sprach von einem „neuen Anfang“ in den Beziehungen zwischen Lutheranern und Katholiken.
Ob sich die beiden Konfessionen bei den Gedenkfeiern am Montag auch theologisch angenähert haben, darf bezweifelt werden. Näher gekommen sind sie sich gewiss. Allein die Geste des Papstes, eine persönliche Einladung des Lutherischen Weltbundes (LWB) zum 499. Jahrestag der Reformation anzunehmen, war historisch. „Streng genommen haben wir Katholiken keinen Grund den 31. Oktober 1517 zu feiern, also das Datum, das als Beginn der Reformation betrachtet wird“, schrieb etwa der deutsche Präfekt der Glaubenskongregation Gerhard Ludwig Müller in seinem Buch „Die Botschaft der Hoffnung“.
Seit das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) die Ökumene zum katholischen Pflichtprogramm gemacht hat, verhandeln Katholiken und Protestanten wieder miteinander. Bei vielen Themen, etwa dem Kirchenverständnis, der Priesterweihe, der Eucharistie oder ethischen Themen gibt es nach wie vor große Meinungsverschiedenheiten.
Auf einer Pressekonferenz am Dienstag auf dem Rückflug nach Rom erteilte Franziskus der Weihung von Frauen zu Priesterinnen, wie sie in den lutherischen Kirchen üblich ist, eine endgültige Absage. „Das letzte, klare Wort war das des Heiligen Johannes Paul II.“, sagte Franziskus. In seinem Apostolischen Schreiben Ordinatio Sacerdotalis schloss Wojtyla die Ordination von Frauen zum Priesteramt aus.
Bei einem gemeinsamen Gebetstreffen in der Kathedrale von Lund am Montag erkannte der Papst dennoch explizit positive Aspekte der Reformation an. So lobende Worte für Luther und seine Nachfolger wie Franziskus hatte bislang noch kein Papst gefunden. Alleine die Tatsache, dass der Papst der Wittenberger Reformation am Gründungsort des Lutherischen Weltbundes (LWB) gedenke, sei ein „Meilenstein“, sagte der LWB-Generalsekretär Martin Junge.
„Wir haben die Gelegenheit, einen entscheidenden Moment unserer Geschichte wiedergutzumachen, indem wir Kontroversen und Missverständnisse überwinden, die oft verhindert haben, dass wir einander verstehen konnten“, sagte Franziskus. Ausdrücklich erkannte der Papst positive Wirkungen der Reformation an, so etwa die Möglichkeit, „einige Aspekte unseres Glaubens besser zu verstehen“. Die Reformation habe dazu beigetragen, „die Heilige Schrift mehr ins Zentrum des Lebens der Kirche zu stellen“. Schon vor seiner Abreise hatte der Papst Luther für seine „Geste der Reform in einer für die Kirche schwierigen Zeit“ gelobt.
In einer gemeinsamen Erklärung, die Franziskus und der Präsident des Lutherischen Weltbundes Munib Younan in Lund unterzeichneten, war zudem die Rede von „tiefer Dankbarkeit“ für „die geistlichen und theologischen Gaben, die wir durch die Reformation empfangen haben“. Spekulationen, Papst und Lutheraner könnten neue Wege beim Thema der gemeinsamen Kommunion von Katholiken und Protestanten gehen, bestätigten sich nicht. In der Erklärung hieß es zu diesem Punkt nur lapidar: „Wir sehnen uns danach, dass diese Wunde im Leib Christi geheilt wird.“
Bei einem anschließenden ökumenischen Festakt in der Malmö Arena sagte Franziskus: „Wir erkennen, dass das, was uns eint, viel mehr ist, als was uns trennt.“ Katholiken und Lutheraner sollten für den Frieden in der Welt zusammen arbeiten. „Von uns Christen wird heute verlangt, die Revolution der Zärtlichkeit in Gang zu bringen.“ Vor seiner Abreise am Dienstag feierte Franziskus mit schwedischen Katholiken noch einen Gottesdienst in Malmö.
Reformationsjubiläum im Geist der Ökumene
Am Montag haben die Feierlichkeiten zum Festjahr „500 Jahre Reformation“ begonnen – auch in Bayern erinnerte die Kirche am Reformationstag an den legendären Thesenanschlag Martin Luthers.
Die Ansbach-Würzburger Regionalbischöfin Gisela Bornowski betonte in ihrer Predigt in der Feuchtwanger Stiftskirche, dass mit der Reformation die Menschen von Leistungsdruck und Glaubensanstrengungen befreit wurden. Es gehe um ein „Leben aus der Rechtfertigung“, ein Leben aus dem Vertrauen heraus, „dass Gott mich liebt, und ich nichts leisten kann und muss, um mir diese Liebe zu verdienen“.
Die Menschen seien Gott „unendlich viel wert“, und auch das, was sie täten – egal ob im Beruf, im Ehrenamt oder in der Familie. Für die Präsidentin der bayerischen evangelischen Landessynode, Annekathrin Preidel, ist die Reformation nie vorbei. „Der Geist der Veränderung wurde zum Motto der Reformation: Es galt und es gilt seit 1517, die Kirche immer wieder und immer neu zu verändern“, sagte Preidel in ihrer Kanzelrede in Ansbach. Von den Feiern solle ein Signal des Aufbruchs und der Versöhnung ausgehen, sagte der EKD-Ratsvorsitzende, der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, in der Berliner Marienkirche. Heute würden sich evangelische und katholische Christen nach der Gemeinschaft sehnen, sagte er. epd/dpa