
Mit Kameras bestückte Drohnen fliegen in immer größerer Zahl über Deutschland, denn sie werden immer billiger, kleiner und leichter bedienbar. Dabei gehorchen sie längst nicht nur den Befehlen von Polizisten und Feuerwehrleuten. Auch Firmen und Privatleute setzen auf die unbemannten Flugkörper, um Überwachungsaufgaben zu erledigen. Das bereitet Datenschützern und Juristen Kopfzerbrechen. Das deutsche Luftverkehrsgesetz regelt den Drohnen-Einsatz zwecks Überwachung nämlich so gut wie nicht, klagt der Würzburger Strafrechtsprofessor Erich Hilgendorf.
Berthold Diem aus Hettstadt (Lkr. Würzburg) ist begeistert, was die Mini-Drohne der neuesten Generation kann, die er seit sechs Wochen einsetzt. Mit Kamera und Satellitennavigation GPS hat der Quadrocopter 2500 Euro gekostet. Für den freiberuflichen Fotografen ist die Drohne kein Spielzeug, er arbeitet mit ihr für mehrere Medien. Die Videos, die der Quadrocopter von Unfällen, Havarien oder Bränden macht, sind so spektakulär wie aufschlussreich. Sie halten die Szenerie gestochen scharf und im Überblick fest, und das wissen Journalisten, Polizisten und Sachverständige zu schätzen. Auch anderweitig leisten Drohnen wertvolle Dienste: Sie weisen Rettungskräften den Weg, helfen Vermisste suchen, entdecken Risse hoch oben an Kirchtürmen und finden per Wärmebildkamera defekte Fotovoltaikmodule.
Nur ein Bruchteil der Einsätze dient der Gefahrenabwehr. Bastler haben seit vier, fünf Jahren ein neues Hobby. Entweder schrauben sie Bausätze ab 500 Euro selbst zusammen, oder sie kaufen sich im Elektronikfachmarkt gleich ein flugfähiges Modell. In der kleinen Schweiz wurden seit Jahresbeginn mindestens 2100 „DJI Phantom“ verkauft. Das mit hochauflösenden Kameras bestückte Fluggerät aus China kann dank Satellitennavigation auch von Anfängern geflogen werden.
Für Paparazzi sind Drohnen Arbeitsgeräte. Ende Juli versuchte einer, in Küsnacht am Zürichsee mittels einer ferngelenkten Drohne Fotos von der Hochzeit der Rocksängerin Tina Turner zu ergattern. In Deutschland kann jeder seinen Nachbarn aus der Luft ausspionieren oder schikanieren, ohne sich strafbar zu machen. „Hier fehlen in der Tat gesetzliche Regeln“, sagt Strafrechtler Eric Hilgendorf, der die Forschungsstelle Robotrecht der Uni Würzburg betreut.
Das deutsche Strafgesetzbuch ist wenig hilfreich, so Hilgendorf. Paragraf 201 a schütze zwar die Wohnung, nicht aber den Garten vor Ausspähung. „man kann hier durchaus von einer Gesetzeslücke sprechen“.
Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix spricht von einer „neuen Qualität der Überwachungstechnik“ und fordert ein Tätigwerden des Gesetzgebers. Hilgendorf warnt vor Schnellschüssen: „Vorher ist eine gründlich politische und ethische Debatte notwendig.“
Genehmigungspflichtig sind Drohnenflüge im rein privaten Einsatz nur für den Fall, dass das Gerät schwerer ist als fünf Kilogramm. Nur für gewerbliche Flüge wie der Erstellung von Luftbildern durch professionelle Fotografen sowie bei Modellen über fünf Kilogramm Gewicht ist eine sogenannte Aufstiegsgenehmigung erforderlich. Die erteilt für die drei fränkischen Regierungsbezirke und die Oberpfalz die Regierung von Mittelfranken. Mit stark steigender Tendenz. Im ersten Halbjahr 2013 wurden 50 Genehmigungen erteilt, mehr als im gesamten Vorjahr (42).
Während sich deutsche Datenschützer angesichts des Drohnen-Booms über den leisen Angriff auf die Privatsphäre ihrer Mitbürger laut beklagen, hat US-Präsident Barack Obama Presseberichten zufolge schon vor Jahresfrist ein Gesetz unterzeichnet, das die gewerbliche Nutzung von Drohnen im heimischen Luftraum erleichtert. Die könnten demnächst den Arbeitsmarkt umwälzen und Tausende Dienstleistungsjobs überflüssig machen, prophezeien einige Wissenschaftler. Automatische Flugmaschinen könnten schon bald Medikamente problemlos und billiger als das Auto in entlegene Gebiete bringen. Auch könne ein Flugobjekt Pizzen und Pakete schneller durch die stauverstopfte Großstadt bringen als ein Mensch im Lieferwagen.