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BRÜSSEL
Lehren aus dem Fall Glyphosat
CSU-Parteitag - Demonstration gegen Glyphosat       -  Zahlreiche Menschen demonstrieren am 15. Dezember 2017 in Nürnberg gegen Glyphosat.
Foto: N. Armer, dpa | Zahlreiche Menschen demonstrieren am 15. Dezember 2017 in Nürnberg gegen Glyphosat.
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 19.04.2018 02:38 Uhr

Der Vorgang ist beispiellos: Vier Monate nachdem die EU-Mitgliedstaaten das umstrittene Herbizid Glyphosat noch einmal für fünf Jahre verlängert haben, gab sich die Kommission am Mittwoch reumütig: „Wir nehmen die Sorgen der Bürger ernst“, betonte Kommissionsvize Frans Timmermans. Man wolle aus dem öffentlichen Streit lernen und auch nicht übersehen, dass sich eine Million Menschen gegen das Präparat ausgesprochen hätten.

Rückblende: In der zweiten Jahreshälfte 2017 können sich die Vertreter der Mitgliedstaaten im zuständigen Ausschuss nicht über eine verlängerte Zulassung für Glyphosat einigen. Der Grund: Die unterschiedlichen Gutachten der EU-Agenturen für Chemie und Lebensmittelsicherheit widersprechen sich.

Zweifel an der Gesundheitsschädlichkeit von Glyphosat kommen auf, nachdem die zuständige Abteilung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Herbizid als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft hatte. Am Ende kommt die Zulassung nur durch einen Trick zustande: Der deutsche Vertreter in dem Ausschuss hebt auf Anweisung des damaligen Bundeslandwirtschaftsministers Christian Schmidt (CSU) die Hand, nachdem der seine Umweltkollegin Barbara Hendricks (SPD) umgehen konnte. Auf der Strecke aber blieben, das räumte Timmermans am Mittwoch ein, die „Glaubwürdigkeit der Studien und Agenturen“.

Dabei unterstrich Gesundheitskommissar Vytenis Andiukatitis: „Die wissenschaftlich untermauerte Risikobewertung, die wir in der EU durchführen, um die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten, ist eine der strengsten weltweit.“ Doch daran gab es erhebliche Zweifel – auch deshalb, weil Hersteller wie in diesem Fall Monsanto selbst die grundlegenden Studien erstellen und die Unbedenklichkeit nachweisen müssen. Das soll nun anders werden.

Die Kommission verspricht den Bürgern, dass sie künftig „automatisch und unmittelbar auf alle sicherheitsrelevanten Informationen zugreifen können, die von der Industrie vorgelegt werden“. Ausdrücklich hieß es sogar, man werde auch „keine für die Unternehmen nachteiligen Studien zurückhalten“.

Darüber hinaus will Brüssel die Wissenschaftler der Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) im italienischen Parma beauftragen, eigene Untersuchungen vorzunehmen, anstatt sich lediglich auf die Dokumentation zu stützen, die die Konzerne einreichen. Über ein öffentliches Register soll jeder Bürger der EU auf alle diese Papiere zugreifen können. Wer das bezahlt, ist noch unklar.

 
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