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Washington
Lamento statt Lametta
Warum die Russland-Ermittlungen und das Personalchaos im Weißen Haus US-Präsident Donald Trump nicht in Weihnachtsstimmung kommen lassen.
Gehen ab sofort getrennte Wege: US-Präsident Donald Trump und sein Staabschef John Kelly (rechts)
Foto: ANDREW CABALLERO-REYNOLDS, afp
| Gehen ab sofort getrennte Wege: US-Präsident Donald Trump und sein Staabschef John Kelly (rechts)
Karl Doemens
Karl Doemens
 |  aktualisiert: 02.04.2019 13:47 Uhr

Die Lichter an der 29 Meter hohen Fraser-Tanne vor dem Weißen Haus strahlten. Drinnen stand am Sonntagabend ein besinnlicher Vorweihnachtsempfang auf dem Programm. Doch von friedlicher Stimmung war am zweiten Adventswochenende bei Donald Trump wenig zu spüren. Erst schmähte der US-Präsident auf Twitter seinen ehemaligen Außenminister Rex Tillerson, den er „dumm wie Stroh“ nannte, dann polterte er gegen den Klimaschutz, bevor er sich ausgiebig seinem Dauerthema zuwandte - der Russland-Untersuchung: „Zeit, die Hexenjagd zu BEENDEN!“, verlangte er.

Trumps angespannte Stimmung hat gute Gründe: Die Untersuchungen von Sonderermittler Robert Mueller rücken immer näher an ihn heran. Zahlreiche seiner Vertrauten sind inzwischen der Lüge überführt. Der Verdacht, dass sie mit Wissen oder auf Weisung des Chefs arbeiteten, liegt nahe. Mit ihrer neuen Mehrheit im Repräsentantenhaus werden die Demokraten die Aufklärung im neuen Jahr vorantreiben. Zugleich leidet die US-Wirtschaft zunehmend unter Trumps Handelskrieg. Die Börsenkurse fallen. Und das von Personalquerelen und Intrigen durchgeschüttelte Weiße Haus hat keine erkennbare Krisenstrategie.

Querschüsse von Ivanka Trump und Ehemann Jared Kushner

Am Sonnabend gab Trump den Abschied seines Stabschefs John Kelly bekannt. Der ehemalige Vier-Sterne-General war im Juli 2017 eingestellt worden, um Ordnung in die chaotische Regierungsarbeit zu bringen. Tatsächlich sorgte er zeitweise für eine gewisse Disziplin und drängte den Chefideologen Stephen Bannon aus dem Weißen Haus. Doch seit Kelly die rassistische Rhetorik des Präsidenten nach den Charlottesville-Krawallen verteidigte und die Trennung von Familien an der mexikanischen Grenze unterstütze, war sein Ruf als Vertreter der Vernunft lädiert.

Letztlich scheiterte der 68-Jährige aber an den Querschüssen von Trumps Tochter Ivanka und ihrem Mann Jared Kushner sowie dem Präsidenten selbst, der sich zuletzt immer despektierlicher über den General äußerte. Dass Kelly nach Medienberichten Trump im Frühjahr intern einen „Idioten“ nannte, dürfte die Beziehung kaum verbessert haben. Als Nachfolger ist nun Nick Ayers im Gespräch. Der 36-jährige Stabschef von Vizepräsident Mike Pence gilt als Karrierist und hat im Washingtoner Beratungsgeschäft Millionen verdient, ist aber bestens vernetzt.

Neuer Verdacht gegen den US-Präsidenten

Kontakte zum politischen Establishment könnten für Trump sehr wichtig werden, denn in der Russland-Affäre erhärtet sich der Verdacht, dass er aus wirtschaftlichen und politischen Motiven während des Wahlkampfes krumme Geschäfte machte. Neue Schriftsätze der Staatsanwaltschaft unterstellen, dass das Trump-Lager deutlich früher und länger als bislang eingeräumt direkte Kontakte mit Moskau hatte. Dabei soll es sowohl um die mögliche Beeinflussung der US-Wahlen wie um Trumps Geschäftsprojekt eines Hochhauses mit Luxuswohnungen in der russischen Hauptstadt gegangen sein. Außerdem beschuldigt Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen seinen früheren Chef, ihn zur Schweigegeldzahlung an die Porno-Darstellerin Stormy Daniels und eine weitere Ex-Affären angehalten zu haben. Trump will von den Transfers nichts gewusst haben, die gegen das Parteienfinanzierungsgesetz verstoßen.

„Bis jetzt standen zwei Vorwürfe im Raum“, fasst der Demokrat Jerrold Nadler, der den Justizausschuss des neuen Repräsentantenhauses leiten wird, die Entwicklung zusammen. „Einer war die Zusammenarbeit mit den Russen, der andere die Behinderung der Justiz.“ Nun gebe es einen dritten Verdacht: „Der Präsident stand im Mittelpunkt eines massiven Betrugs am amerikanischen Volk.“ So ähnlich kommentieren das viele amerikanische Medien. Trump selbst hat eine etwas andere Wahrnehmung. „Der Präsident ist total entlastet. Danke!“, twitterte er ohne weitere Begründung.

 
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