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SOFIA
Krawalle in Bulgarien
Von dpa-Korrespondentin ELENA LALOWA
 |  aktualisiert: 24.07.2013 19:29 Uhr

Bulgarien versinkt immer mehr im politischen Chaos. Mit einer fast neunstündigen Blockade des Parlaments durch Demonstranten verschärfte sich die politische Krise in dem EU-Land nach wochenlangen heftigen Protesten. Eine Parlamentssitzung am Mittwoch wurde abgesagt. Beobachter warnten, Bulgarien drohe unregierbar zu werden. Die EU-Kommission reagierte besorgt auf die Eskalation der Lage.

„Bulgarien ist nicht mehr dasselbe Land“, beschrieben Medien die Situation nach einem massiven Polizeieinsatz gegen die Demonstranten. Dabei wurden rund 20 Menschen verletzt. „Die Regierung stützt sich seit gestern auf Polizeiknüppel“, sagte der regierungskritische Blogger Assen Genow dem Privatsender bTV.

Genow hatte am 14. Juni über Facebook zum Protest gegen die umstrittene und schnell zurückgenommene Berufung eines dubiosen Medienmoguls zum Geheimdienstchef aufgerufen. Seitdem fordern Tausende Demonstranten den Rücktritt der sozialistisch dominierten Regierung, obwohl sie erst durch die vorgezogenen Wahlen vom 12. Mai ans Ruder gekommen war. Die Protestierenden setzten in der Nacht zum Mittwoch mit ihrer Blockade-Aktion mehr als 100 Menschen im Parlament fest – unter ihnen drei Minister und Dutzende Volksvertreter.

„Geiselnahme“ des Parlaments

„Es handelt sich um eine ernsthafte politische und moralische Krise“, meinte der renommierte Kommentator Swetoslaw Tersiew. In der Tat konnte im blockierten Parlament eine wichtige Erhöhung des Staatshaushaltes für das laufende Jahr nicht mehr erörtert werden. Sozialistenchef Sergej Stanischew verurteilte die Aktion am Parlament als „Geiselnahme“.

Die regierenden Sozialisten lehnen die Rücktrittsforderungen der Demonstranten ab. „Neuwahlen würden nur das Gleiche hervorbringen“, argumentiert Stanischew. Seine Partei regiert gemeinsam mit der kleineren Partei der türkischen Minderheit DPS. Die EU-feindliche und nationalistische Ataka unterstützt indirekt das Kabinett. Die größte Fraktion, die konservative GERB, ist in der Opposition. Auch sie fordert Neuwahlen.

Zwischen den beiden Großen ist von Dialog, wie ihn die EU-Kommission verlangte, nichts zu spüren. Im Gegenteil. Die Sozialisten werfen der GERB vor, hinter den aktuellen Protesten zu stecken. Die pro-europäische Protestbewegung wiederum wirft sowohl den Sozialisten als auch der GERB vor, sie hingen von schwerreichen Oligarchen ab und betrieben Vetternwirtschaft.

Die Feindschaft zwischen den Sozialisten und der GERB wird jeden Tag etwas intensiver. Da Staatschef Rossen Plewneliew – er war Minister in der abgewählten GERB-Regierung – die Demonstranten offen unterstützt, sammeln die Sozialisten jetzt Unterschriften für seine Amtsenthebung. Das Staatsoberhaupt hatte Neuwahlen nicht mehr ausgeschlossen. Die GERB fordert seit Mittwoch im Gegenzug den Rücktritt des sozialistischen Parlamentspräsidenten Michail Mikow: Er habe die Sitzung der Volksvertretung nach der Blockade am Mittwoch per Telefon und damit verfassungswidrig abgesagt.

Forderung von Neuwahlen

Jetzt schließen sogar die regierenden Sozialisten eine weitere Neuwahl nicht mehr völlig aus. Wenn überhaupt, so solle diese aber erst im kommenden Jahr stattfinden. Die sozialistische Abgeordnete im EU-Parlament, Iliana Jotowa, sprach von Wahlen nach der Formel „3 in 1“ – zusammen mit der Europawahl im Mai könne noch ein neues Parlament und ein neues Staatsoberhaupt bestimmt werden. Wirtschaftsminister Dragomir Stojnew rief nach den aktuellen Krawallen die Politiker zum Dialog auf.

 
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