zurück
BERLIN/BRÜSSEL
Krach um den EU-Haushalt
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 10.05.2018 02:39 Uhr

Auf dem Papier sind sich CDU/CSU und SPD einig. Im Koalitionsvertrag, den sie erst vor wenigen Monaten ausgehandelt haben, bekennen sie sich ausdrücklich für einen neuen „Aufbruch für Europa“. Was das allerdings konkret in der Praxis heißt, ist umstritten. Mehr Geld für Europa? Und wenn ja, wofür?

Der geplante EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027, den EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) am Mittwoch in Brüssel vorlegen will, ist nach Informationen dieser Redaktion zwischen den Koalitionspartnern äußerst umstritten und dürfte einen neuen Krach auslösen.

Nach dem Koalitionsvertrag ist die Bundesregierung bereit, die EU „in ihrer Handlungsfähigkeit“ zu stärken. Und weiter: „Wir sind zu höheren Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt bereit. Wir wollen einen Haushalt, der klar auf die Aufgaben der Zukunft mit europäischem Mehrwert ausgerichtet ist.“

Bei den anderen Nettozahlern der EU, den Niederlanden, Österreichs sowie skandinavischen Ländern, stieß diese Blankozusage der neuen Bundesregierung auf Unverständnis, befürchten sie doch, ebenfalls als Folge des Ausscheidens Großbritanniens mehr nach Brüssel überweisen zu müssen. Um ein Klima der Zustimmung zu erzeugen, will Berlin die Erhöhung der Mittel an bestimmte Bedingungen knüpfen. Mehr Geld soll es für EU-Länder im Rahmen der Gemeinschaftsaufgaben beispielsweise nur dann geben, wenn sie Flüchtlinge aufnehmen oder sich für den Klimaschutz engagieren.

Das aber stößt innerhalb der Koalition wie bei der Opposition auf Kritik. Die Unionsfraktion steht höheren Zahlungen nach Brüssel trotz der klaren Aussage des Koalitionsvertrages reichlich skeptisch gegenüber und pocht auf das Budgetrecht des Parlaments. „Bevor wir über mehr Geld reden, sollten wir doch als erstes überlegen, wo und ob es überhaupt Sinn macht. Mit anderen Worten: Mehr Geld nur dann, wenn am Ende ein für alle sichtbarer Mehrwert entsteht“, sagt der stellvertretende Fraktionschef und Wirtschaftsexperte Carsten Linnemann gegenüber dieser Redaktion. Er hat auch bereits eine Idee, wofür das Geld ausgegeben werden könnte: „Gesicherte EU-Außengrenzen wären so ein Fall. Die haben wir derzeit nicht.“ Dagegen sollte man sich hüten, in Brüssel neue Geldtöpfe zu schaffen, „die zum Schuldenmachen regelrecht einladen.“

Die SPD dagegen pocht auf die Zusagen des Koalitionsvertrags. „Ja, wir haben uns grundsätzlich dazu bereit erklärt, einen höheren Beitrag zum EU-Haushalt zu leisten“, sagt SPD-Fraktionsvize Achim Post, zuständig für Europa, Haushalt und Finanzen. Das sei eine notwendige Maßnahme, nicht allein wegen des Brexits, sondern auch weil die EU in den letzten Jahren zusätzliche Aufgaben – zum Beispiel im Bereich Grenzschutz – übernommen habe. „Dieser Realität werden sich auch die anderen Länder stellen müssen.“ Gleichzeitig fordern die Sozialdemokraten aber auch neue Finanzierungsformen für die EU. Sein Vorschlag: „Eine europäische Lösung bei der Einführung einer Finanztransaktionssteuer zusammen mit einer gemeinsamen Bekämpfung von Steuervermeidung könnte der EU eigene Mittel bringen – und damit langfristig auch zu einer Entlastung der einzelnen Mitgliedstaaten führen.“

Die FDP im Bundestag fordert dagegen eine völlig andere Haushaltspolitik der EU. Ihre Devise lautet: Weniger Geld nach Brüssel. Durch den Brexit verliere die EU 13 Prozent der Bevölkerung und 17 Prozent der Wirtschaftskraft. „Dieser Rückgang muss sich auch im Etat der EU widerspiegeln“, sagt der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler gegenüber unserer Zeitung. Zu meinen, die EU könne besser zusammenwachsen, wenn nach der Methode „Zuckerbrot und Peitsche“ Gelder verteilt würden, sei einfältig und gefährlich. „Die jetzige Krise der EU ist gerade dadurch entstanden, dass jedes Land nur schaut, wie es möglichst viel des EU-Etats von 162 Milliarden Euro ins eigene Land schleusen kann.“

Im Gegensatz dazu bekennen sich die Grünen zu einer Erhöhung der deutschen Mittel für den EU-Haushalt. „Kluge europäische Investitionen sind für die Stabilität Europas notwendig“, sagt die Europa-Expertin der Fraktion, Franziska Brantner.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Detlef Drewes
Achim Post
Brexit
CDU
CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Deutscher Bundestag
FDP
Frank Schäffler
Günther Oettinger
Koalitionsvertrag
Papier
SPD
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen