Politiker und Behörden wollen angesichts der Koran-Aktion von Salafisten schärfer gegen Radikalisierungstendenzen bei Muslimen vorgehen. Das Thema soll auf Wunsch von Unionspolitikern auch auf der Islamkonferenz am Donnerstag eine wichtige Rolle spielen.
Trotz aller Kritik verteilten Anhänger der radikalislamischen Salafisten-Bewegung am Samstag in mehreren deutschen Innenstädten wieder Hunderte kostenlose Koran-Exemplare an Passanten. Allerdings traten sie in weniger Städten auf als angekündigt.
Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes steht das Netzwerk „Die wahre Religion“ um den radikalen Prediger Ibrahim Abou Nagie hinter der Aktion. Er wolle die Verteilung von Koran-Ausgaben weiter fortsetzen, obwohl er jeden Tag von der Polizei und vom Verfassungsschutz „terrorisiert“ werde und unter der „Medienhetze“ leide, sagte er gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.
Schärferes Vorgehen?
Die Sicherheitsbehörden prüfen nach einem Bericht der „FAS“ ein schärferes Vorgehen gegen salafistische Missionierungsnetze in Deutschland. Abou Nagie sei ein „wirklich gefährlicher Islamist“, dessen Aktion der Verbreitung des religiös motivierten Extremismus diene, sagte ein Sprecher des hessischen Verfassungsschutzes der Zeitung. Abou Nagie, der schon seit Jahren vom Verfassungsschutz des Bundes beobachtet wird, werde nun auch von den Sicherheitsbehörden der Länder besonders genau ins Auge genommen.
Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) will sich bei der Islamkonferenz in Berlin für ein Präventionskonzept im Kampf gegen die Radikalisierung junger Muslime einsetzen. „Angesichts der Propaganda-Offensive der Extremistengruppe müssen wir alles daran setzen, dass junge Menschen nicht in die Fänge der Salafisten geraten“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Auch sein CDU-Kollege Wolfgang Bosbach verlangte in der „Passauer Neuen Presse“, das Thema ganz oben auf die Tagesordnung des Treffens zu setzen.
Unter Beobachtung
Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, sagte der „Welt am Sonntag“, dass der Salafismus mit seiner Ideologie zum Radikalisierungsprozess von Menschen beitragen könne, habe zum Beispiel der Anschlag auf US-Soldaten am Frankfurter Flughafen 2011 gezeigt. Zwar könne nicht jeder Salafist mit Terrorismus in Verbindung gebracht werden. Gleichwohl beobachte insbesondere der Verfassungsschutz diese Szene sehr intensiv.
Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, betonte, die friedfertige Verteilung des Korans müsse in einer Demokratie zwar toleriert werden. „Das eigentliche Ziel der Salafisten ist aber der gewaltsame Kampf gegen 'Ungläubige'“. Dies sei nicht durch die Meinungs- und Religionsfreiheit gedeckt.