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HANNOVER
Kommunikationsforscher glaubt nicht an eine Rückkehr Wulffs
Das Gespräch führte Anja Bartsch
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:44 Uhr

Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff steht mit dem Prozessbeginn wieder im Rampenlicht. Ein Gespräch mit dem Juristen und Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider.

Frage: Welche Strategie verfolgt Christian Wulff mit dem Prozess?

Frank Brettschneider: Er will seinen Ruf wiederherstellen. Überhaupt keine Berichterstattung wäre aber das Beste für ihn. Sonst könnte es erneut negative Schlagzeilen geben. Und das wäre für seine weitere Karriere, egal wie die aussieht, ungünstig.

Könnte Wulff in die Politik zurückkehren?

Brettschneider: Nein, er ist aus meiner Sicht chancenlos. Während der Zeit der Vorwürfe gegen ihn hat er kommunikativ versagt. Ein positives Image wieder aufzubauen, nachdem man das Vertrauen der Bevölkerung verspielt hat, ist sehr schwierig.

Wie können Politiker einmal verlorenes Vertrauen zurückgewinnen?

Brettschneider: Nur durch überzeugende Handlungen. Reden allein genügt nicht. Hat ein Politiker erst einmal sein Amt verloren, kann er das Vertrauen fast nicht mehr zurückgewinnen. So ist es auch bei Wulff. Außerdem: Was soll er noch werden? Er hat schon das höchste Amt im Staat bekleidet.

Haben Politiker dann überhaupt die Chance, ihren Ruf wiederherzustellen?

Brettschneider: Lothar Späth ist einer der Wenigen, der das Vertrauen wiedererlangt hat, nachdem er 1991 als baden-württembergischer Ministerpräsident zurücktrat, weil ihm Vorteilsnahme vorgeworfen wurde. Dann hat er sich als Vorstandsvorsitzender von Jenoptik einen Namen gemacht. So hat er es geschafft, sein negatives Image zu überwinden.

Welche Eigenschaften muss ein Politiker haben, um beliebt zu sein?

Brettschneider: Es gibt vier Kriterien, die den Erfolg eines Politikers beeinflussen. Dass ihm die Menschen zuschreiben, in bestimmten Themen kompetent zu sein, Vertrauenswürdigkeit, Führungsstärke. Das vierte Kriterium ist das Unwichtigste, nämlich persönliche Eigenschaften wie Aussehen, Auftreten, Familienleben.

Bei Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg war doch gerade das Persönliche ein wichtiger Faktor?

Brettschneider: Es stimmt schon, Guttenberg brachte den Glamourfaktor mit. Am Ende hat dieser „Glanz“ ihn aber nicht gerettet. Persönliches wird in Deutschland eher selten mit politischen Fähigkeiten in Verbindung gebracht, Beispiel Seehofer: Sein uneheliches Kind hat ihm politisch nicht geschadet.

Fehler zu machen ist menschlich. Erwarten wir zu viel von Politikern?

Brettschneider: Die meisten Menschen sind realistisch genug, nicht mehr von Politikern zu erwarten als von sich selbst. Eine Eigenschaft bringt jedoch hohe Sympathiewerte: Bodenhaftung. Die schreiben viele Wähler auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zu, was ihr großer Vorteil ist.

Ist das der Grund, warum Bundespräsident Joachim Gauck so beliebt ist?

Brettschneider: Gauck erweckt nicht den Eindruck, als wollte er mit aller Macht ins Amt. Und er ist parteilos. Die Bürger haben das Gefühl, dass er Deutschland dient und nicht zum Wohl einer Partei handelt.

Wenn Wulff nicht in die Politik zurückkehrt: Was macht er dann?

Brettschneider: Entweder er macht sich selbstständig oder er geht in ein Unternehmen. Die wollen aber auch nicht, dass ein negatives Image auf sie abfärbt.

Frank Brettschneider

Der Kommunikationswissenschaftler wurde 1965 in Wiesbaden geboren. In Mainz studierte er Politik, Publizistik und Jura und war von 2001 bis 2006 Inhaber der Professur für Kommunikationswissenschaft an der Universität Augsburg. 2006 nahm er einen Ruf der Universität Hohenheim für den Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft an. TEXT: dPa

 
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