
Zum Beginn der „Berlin Fashion Week“ mahnt Bundesentwicklungsminister Gerd Müller die Modewelt zu besserem Klimaschutz und menschlicheren Produktionsbedingungen. Der CSU-Politiker sagte unserer Redaktion: „Die Textilbranche muss mehr Verantwortung übernehmen. Denn sie verursacht mehr CO2-Emissionen als der weltweite Flug- und Schiffsverkehr zusammengenommen.“ Erste Schritte seien bereits erfolgt: „Nachhaltigkeit ist der neue Megatrend. Das ist auch auf der Fashion Week angekommen.“ Innerhalb von zwei Jahren hätten sich etwa die Besucherzahlen für die im Rahmen der Modewoche stattfindenden Messe für nachhaltige Kleidung, die „Neonyt“, auf über 7000 Besucher mehr als verdoppelt. Müllers Wunsch: „Dass immer mehr Menschen auch in den Geschäften fragen: Ist das T-Shirt oder die Jeans fair produziert?“
Orientierung für ebenso mode- wie umwelt- und menschenrechtsbewusste Kunden bietet laut Müller das neue staatliche Textilsiegel Grüner Knopf: „Nachhaltigkeit ist in der Mitte angekommen. In der Textilbranche sind faire Lieferketten möglich. Das zeigen vor allem die Unternehmen, die beim Grünen Knopf mitmachen. Nun liegt es an den Kunden, zuzugreifen.“ Immer mehr Unternehmen setzten auf nachhaltig hergestellte Kleidung, so Müller. Und wenn es selbst ein Discounter schaffe, seine Textilien mit dem Grünen Knopf auszuzeichnen, dann müssten das Modemarken erst Recht schaffen.
Der Entwicklungsminister sieht vor allem Luxusmarken in der Pflicht: „Es kann nicht sein, dass ich mir für sehr viel Geld eine Jacke oder Hose kaufe und nicht weiß, ob dafür Kinder an der Nähmaschine saßen oder Arbeiter mit giftigen Chemikalien arbeiten mussten.“ Alle Designer der Fashion Week seien aufgerufen, beim Grünen Knopf mitzumachen „und ihren Kunden zu zeigen, dass Verantwortung uns allen gut steht“. Wer beim Grünen Knopf mitmache, könne sicher sein, dass seine Kleidung sozial und ökologisch nachhaltig produziert wurde, so Müller weiter.
Im Engagement der Modebranche für den Klimaschutz sieht der Bundesentwicklungsminister noch viel Luft nach oben: „In der von mir gestarteten „Allianz für Entwicklung und Klima“ haben sich bereits 500 Unternehmen zur Klimaneutralität verpflichtet, darunter acht Mode- und Textilunternehmen.“ Sein Appell: „Diesem guten Beispiel sollten auf der Fashion Week noch viele folgen.“
Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) dringt auf mehr Nachhaltigkeit bei der Produktion in der Modebranche. „Seit Jahren gibt es Entwicklungen im globalen Textilsektor, die nicht nachhaltig sind: immer mehr, immer billiger, immer schneller“, sagte sie den Zeitungen der „Funke Mediengruppe“. Es gelte, für Hersteller und Handel Anreize zu setzen, damit diese sich stärker an Nachhaltigkeit orientierten – notfalls auch mit gesetzlichen Regeln. Zudem gelte es, Konsumenten dazu zu bewegen, mehr Wert auf qualitativ hochwertige und langlebige Bekleidung zu legen.
Die Berliner Fashion Week findet zweimal jährlich statt. 210 Aussteller, darunter Designer Wolfgang Joop, präsentieren im stillgelegten Flughafen Temepelhof ihre Kollektionen. Erwartet werden rund 70 000 Besucher, darunter zahlreichen Einkäufer und Fotografen.