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BRÜSSEL
Kommt jetzt das Aus für E10?
Von unserem Korrespondenten Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 17.10.2012 19:16 Uhr

Die Zukunft des deutschen E10-Biosprits ist ungewiss. Denn die Brüsseler Kommission hat am Mittwoch eine Wende ihrer bisherigen Strategie zum Einsatz von Kraftstoffen aus Nahrungspflanzen verkündet. Zwar will die EU am Ziel, bis 2020 zehn Prozent des im Verkehr verbrauchten Benzins und Diesels zu ersetzen, festhalten. Treibstoff aus Nahrung oder Futtermitteln soll dabei aber nur noch die Hälfte ausmachen, derzeit sind es 4,5 Prozent. Ab 2020 wird die Kommission die Förderung von Öko-Energien aus Lebensmitteln vollständig einstellen.

„Unser Vorschlag wird neue Anreize für Biokraftstoffe mit optimaler Klimabilanz setzen“, zeigte sich Energiekommissar Günther Oettinger überzeugt. Seine Kollegin aus dem Klimaschutzressort, Connie Hedegaard, erklärte: „Wenn Biokraftstoffe zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen sollen, müssen sie sich durch Nachhaltigkeit auszeichnen.“ Genau das sei bei den derzeitigen Produkten der ersten Generation nicht der Fall. In den USA wandern bereits 40 Prozent der Maisernte in die Tanks. Der deutsche E10-Kraftstoff besteht zwar nur aus Futtergetreide und Industrierüben. Die werden aber importiert und haben somit ebenfalls Auswirkungen in den Anbaustaaten.

Umweltschützer verweisen seit langem auf die katastrophalen Folgen für das Klima, weil zum Anbau von Mais, Soja und Raps riesige Flächen in südamerikanischen oder asiatischen Regenwäldern freigeholzt werden. „Der Anbau unter solchen Umständen kann einige oder alle Treibhauseinsparungen zunichtemachen“, heißt es im Entwurf der Kommission. Damit will Brüssel nun Schluss machen. „In Zukunft sollen die Klimaziele durch fortschrittliche Biokraftstoffe erzielt werden“, sagte Kommissarin Hedegaard. Damit sind grüne Energiequellen wie Holzreste, Algen, Stroh oder Klärschlamm gemeint. Zwar kann die Bundesregierung, die den Kommissionsvorschlag nach der Zustimmung des Europäischen Parlamentes in nationales Recht umsetzen muss, an ihrer E-10-Linie festhalten. Sie muss dann aber hinnehmen, dass ein Biosprit-Anteil von mehr als fünf Prozent nicht auf ihre Energiebilanz angerechnet wird. Und das macht eine Fortführung der bisherigen deutschen Politik wenig attraktiv.

Dabei hat Brüssel sogar eine vergleichsweise lasche Linie eingeschlagen. Ursprünglich war nämlich geplant gewesen, die einzelnen Treibstoffarten hinsichtlich ihrer Ökobilanz zu bewerten. Dabei hätte Diesel deutlich schlechtere Noten als Biobenzin bekommen. Er wäre zum ungeliebten Kind für Hersteller und Lieferanten geworden. Denen hatte die EU nämlich zur Auflage gemacht, dass ihre Kraftstoffe bis 2020 sechs Prozent weniger Klimakiller wie CO2 erzeugen dürfen. Nun hat die Kommission die Einzelbewertung fallen gelassen – offenbar auf massiven Druck der Industrie hin.

Während die Umweltorganisation Greenpeace den Kommissionsvorschlag als „Durchbruch“ bezeichnete, kritisierte der deutsche Bundesverband der Biokraftstoffindustrie das Vorhaben als „herben Rückschlag für die deutsche Energiewende im Verkehrsbereich“. Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied warf der Kommission vor, mit der Alternative „Tank oder Trog“ an der Wirklichkeit vorbeizugehen. „Wir machen beides“, sagte er.

 
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