Kofi Annan ist wieder da: Der frühere UN-Generalsekretär lässt sich auf eine extrem schwierige Mission ein: Er soll das Blutvergießen in Syrien stoppen und als Sondergesandter der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga einen diplomatischen Kraftakt vollbringen. Die internationale Gemeinschaft erwartet von dem rastlosen Pensionär (73) nicht weniger, als die Gewalt in dem arabischen Land zu beenden. Er soll eine „friedliche Lösung“ für den Konflikt herbeiführen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil el-Araby, bedankten sich bei Annan schon beim Start seiner „wichtigen Mission“. Wird es eine Mission Impossible?
Autorität und Charisma
Das Assad-Regime führt einen immer gnadenloseren Feldzug gegen das eigene Volk. Seit Beginn des Volksaufstandes im März 2011 ließ sich Präsident Baschar al-Assad nicht von seinem blutigen Kurs abbringen. Weder Appelle noch Sanktionen beeindruckten den Herrscher und seinen Clan. Tausende Tote, Zehntausende Verschleppte und fast Hunderttausend Flüchtlinge sind die schockierende Bilanz der Kämpfe.
Jetzt verkörpert Annan bei den UN die letzte Hoffnung. „Kofi Annan ist die ultimative diplomatische Waffe der Vereinten Nationen“, erklärt der deutsche Botschafter bei den UN in Genf, Hanns Schumacher, nach Annans Ernennung. Der frühere UN-Chef könnte den Durchbruch schaffen. In der Tat hat der Friedensnobelpreisträger in seiner langen internationalen Karriere alle Kniffe und Tricks, jede Taktik und Strategie des Verhandelns kennengelernt. Zudem setzt der Spross eines Adelsgeschlechts aus Ghana seine natürliche Autorität und sein Charisma bei Vermittlungen gewinnbringend ein.
Feuerwehrmann für Brandherde
Das renommierte US-Magazin „Time“ bejubelte ihn einst als „den Diplomaten, dem die Welt am meisten vertraut“. Der afghanische Präsident Hamid Karsai beförderte Annan sogar zum „Präsidenten der Welt“. Annan stürzte sich als diplomatischer Feuerwehrmann auf eine ganze Reihe von Brandherden. Einer seiner größten Erfolge: die Vermittlung eines Friedensplanes für Kenia 2008. Präsident Mwai Kibaki und Oppositionsführer Raila Odinga hatten sich in einen blutigen Machtkampf verbissen – der Afrikaner Annan war der natürliche Moderator zwischen den Feinden. Er brachte Kenia die Stabilität zurück.
Annan weiß auch wie Diktatoren ticken: Er konferierte mit dem irakischen Despoten Saddam Hussein 1998 in Bagdad, um die Krise um die Waffeninspektoren zu entschärfen. Vor dem Einmarsch der USA und ihrer Verbündeten in den Irak 2003 kämpfte Annan für eine friedliche Lösung des Konflikts – vergeblich.
Bei seinen anstehenden Gesprächen mit dem Regime in Damaskus muss Annan sein ganzes diplomatisches Geschick aufbringen. Dabei hat ein Ausspruch Annans von 1997 noch immer Gültigkeit: „Krieg ist das Versagen der Diplomatie.“
Mit der Gründung einer „Freundesgruppe“ für ein demokratisches Syrien hat die internationale Gemeinschaft den Druck auf Machthaber Baschar al-Assad unterdessen weiter erhöht. Die Gruppe aus mehr als 60 Staaten und internationalen Organisationen droht dem Regime mit weiteren Sanktionen, falls die Gewalt gegen das eigene Volk nicht sofort beendet wird.
Kofi Annan
In seinen zehn Jahren an der Spitze der Vereinten Nationen (UN) galt Kofi Annan als das moralische Gewissen der Welt. Als erster Schwarzafrikaner wurde er zum UN-Generalsekretär berufen und verhalf während seiner Amtszeit (1997-2006) der verschuldeten und als unbeweglich geltenden Organisation zu neuem Ansehen. Der gebürtige Ghanaer, der mit einer schwedischen Juristin verheiratet ist, setzte sich mit Charisma und diplomatischem Geschick für Arme und Unterdrückte ein, warb für Frieden und Gerechtigkeit und bot den USA im Streit um den Irakkrieg die Stirn. 2001 erhielt er zusammen mit den Vereinten Nationen den Friedensnobelpreis. Der 73-Jährige ist Mitglied im Rat der „Elders“, einer Gruppe ehemaliger politischer Führer, zu denen unter anderen auch der ehemalige südafrikanische Präsident Nelson Mandela und Ex-US-Präsident Jimmy Carter gehören. FOTO: dpa