Ist die deutsche Politik zu nachsichtig mit den deutschen Automobilkonzernen? Mitten im Streit um den Umgang mit den Dieselmotoren hat der Europäische Gerichtshof jetzt ein Urteil gefällt, das diesem Eindruck neue Nahrung gibt: Danach hat die Bundesregierung zu lange zugesehen, wie in mehr als 133 000 Fahrzeugen von Daimler-Benz Klimaanlagen mit klimaschädlichen Treibhausgasen eingebaut wurden. Auch im Zuge des Dieselskandals werfen Umweltverbände und Verbraucherschützer der Politik vor, sie gehe zu milde mit der Autoindustrie um.
„Der Dieselkompromiss ist nur der jüngste Kniefall der Bundesregierung vor der Autolobby“, betonte Christine Deckwirth von der Organisation Lobby Control gegenüber dieser Redaktion. Die Politik stehe zu stark unter dem Einfluss der Automobilindustrie. Ähnlich argumentiert Hartmut Bäumer von der Anti-Korruptions-Organisation Transparency Deutschland: „Die Bundesregierung stellt sich schützend vor die Automobilindustrie.“
Nach Ansicht des Bayerischen Gemeindetages lässt das Konzept der Bundesregierung zur Lösung des Dieselstreits noch viele Fragen unbeantwortet. Sprecher Wilfried Schober fordert von der Bundesregierung, „dass das kein Konjunkturprogramm für die Autoindustrie sein darf, sondern eine Entschädigung für das, was die selber verbockt haben“. Nach dem Konzept der Regierungsparteien soll die Automobilbranche unter anderem mit einer Umtauschprämie den Kauf sauberer Modelle erleichtern. Opel und BMW lehnen Nachrüstungen ab. Volkswagen und Daimler wollen sich beteiligen, sofern zertifizierte und zugelassene Systeme existieren.