Tausende von Eltern, die im Sommer für ihr Kind einen Krippenplatz benötigen, werden sich mit unpopulären Übergangslösungen abfinden müssen. „Es wird Lücken geben und es wird Klagen geben“, betonte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus, in Berlin. Nachdem die meisten Städte und Gemeinden den neuen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren ab August nicht erfüllen können, verwalten sie nun notgedrungen den Mangel. Danach müssen Eltern, die lieber einen Kita-Platz hätten, auch eine Tagesmutter als Betreuerin akzeptieren oder in weiter entfernte Einrichtungen ausweichen. Selbst über die vorübergehende Unterbringung von Kindern in Containern denken die Kommunen nach.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes fehlten im März vergangenen Jahres noch 220 000 Betreuungsplätze in Deutschland. Gegenwärtig dürften es noch immer mehr als 100 000 sein. Vor allem in den großen Städten ist der Bedarf gewaltig: Während nach verschiedenen Umfragen in eher ländlichen Regionen künftig nur jedes dritte Kind unter drei in eine Kita oder in die Tagespflege geht, sind es in Ballungsräumen wie Berlin, München, Stuttgart oder Frankfurt zwischen 40 und 50 Prozent.
Articus empfiehlt dennoch allen Eltern, ihren Betreuungsbedarf rasch zu melden – nämlich mindestens drei Monate vor dem geplanten Beginn. Auf einen Platz in einer bestimmten Krippe können sie dabei nach einem Rechtsgutachten, das der Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund in Auftrag gegeben haben, nicht bestehen. „Es wird nicht jeder einen Platz um die Ecke bekommen“, warnt Geschäftsführer Gerd Landsberg. „Aber wir werden Eltern auch nicht zumuten können, ihr Kind jeden Morgen 20 Kilometer zu fahren.“ Zwar sei die Kommune grundsätzlich verpflichtet, den Eltern eine ihrem Wunsch entsprechende Betreuungsform zu vermitteln, heißt es in dem Gutachten. „Ist dieser Platz allerdings nicht verfügbar, so muss diesem Wunsch auch nicht entsprochen werden.“ Eine sogenannte Tageseinrichtung, also eine Tagesmutter, werde dabei als „gleichwertig und gleich“ betrachtet.
Sollten junge Familien in großem Stil ihren Rechtsanspruch einklagen, pochen die Kommunen auf eine Beteiligung des Bundes und der Länder an den Kosten möglicher Schadensersatzzahlungen. Sie stünden politisch in der Mitverantwortung, betonte Articus. Um die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage bis zum Sommer noch etwas zu schließen, wollen Städte und Gemeinden auch verstärkt den Auf- und Ausbau von Betriebskindergärten fördern und weitere Tagesmütter schulen.
Bayern braucht nach Angaben des Bundesfamilienministeriums für knapp 32 Prozent der Kinder unter drei Jahren einen Betreuungsplatz, um den Rechtsanspruch erfüllen zu können. Tatsächlich gab es im März 2012 allerdings nur für 23 Prozent dieser Kinder ein entsprechendes Angebot.