In der Ukraine-Krise zeichnet sich bislang keine Lösung durch einen nationalen Dialog der Regierung in Kiew und der Separatisten im Osten des Landes ab. Zwar kündigte die Übergangsregierung am Dienstag einen „runden Tisch zur Nationalen Einheit“ an, aber Separatisten aus den russisch geprägten Regionen Donezk und Lugansk wurden nicht eingeladen. Russland kritisierte, der „Unwille“ der Machthaber in Kiew zu direkten Gesprächen mit ihren Gegnern sei ein ernsthaftes Hindernis. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warb derweil in Kiew für einen „nationalen Dialog“.
Die Zentralregierung betonte, Verhandlungen seien nur mit Kräften möglich, die „legitime politische Ziele“ und „kein Blut an den Händen“ hätten. Die moskautreuen Separatisten hatten sich am Sonntag in einem international umstrittenen Referendum von der Ukraine losgesagt und ihre selbst ernannten „Volksrepubliken“ für unabhängig erklärt. Der Westen bezeichnete die Abstimmung als illegal.
Mit Blick auf die am 25. Mai geplante Präsidentenwahl sagte Steinmeier: „Ich hoffe, dass die Wahl so stattfindet, dass es anschließend gelingt, eine nach vorn gerichtete Atmosphäre vorzufinden.“ Wichtig sei, dass möglichst viele Wahlberechtigte tatsächlich auch abstimmen könnten, sagte Steinmeier bei Gesprächen mit dem Übergangsministerpräsidenten Arsenij Jazenjuk in Kiew. Anschließend flog Steinmeier nach Odessa am Schwarzen Meer, um „Brücken zu schlagen über die verschiedenen Lager hinweg“.
An dem runden Tisch zur Lösung der innenpolitischen Krise sollen nach Angaben aus Kiew die ukrainischen Ex-Präsidenten Leonid Kutschma und Leonid Krawtschuk teilnehmen. Auch Regierungschef Arsenij Jazenjuk sowie der deutsche Diplomat Wolfgang Ischinger werden zu den Beratungen im Parlament erwartet. Der Ex-Botschafter und Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz gilt als erfahrener Verhandler. Ferner sollen Kandidaten der Präsidentenwahl am 25. Mai sowie führende Persönlichkeiten aus den krisengeschüttelten Regionen Donezk und Lugansk in die Oberste Rada kommen.
Die ukrainische Präsidentenkandidatin Julia Timoschenko forderte einen runden Tisch aller Parteien direkt in der krisengeschüttelten Region. Es habe wenig Sinn, ein solches Gespräch in Kiew zu führen. „Die Hauptstadt ist 800 Kilometer entfernt vom Epizentrum der politischen Erschütterungen“, sagte Timoschenko. Jazenjuk, der anschließend nach Brüssel flog, um einen Vertrag über EU-Finanzhilfen in Höhe von 365 Millionen Euro zu unterzeichnen, machte im Gespräch mit Steinmeier erneut Kremlchef Wladimir Putin für die Zerrissenheit seines Landes verantwortlich. Russland müsse seine Unterstützung für „Separatisten und Terroristen“ beenden.
Moskau forderte die Führung in Kiew zu sofortigen Verhandlungen mit ihren Gegnern auf. Das Zögern der Übergangsregierung, mit den prorussischen Aktivisten einen „echten Dialog“ über eine Eigenständigkeit zu führen, sei ein „schwerwiegendes Hindernis für eine Deeskalation“, sagte Vize-Außenminister Grigori Karassin. Das Außenministerium forderte die ukrainische Führung auf, einen „Fahrplan“ der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zur Krisenlösung umzusetzen. Das Militär müsse abgezogen und gefangene Aktivisten sollten freigelassen werden.
Das Außenamt kritisierte zudem die von der EU ausgeweiteten Sanktionen. Sie behinderten eine Lösung der Krise. Die EU unterminiere ihre Glaubwürdigkeit als Partner und wecke Zweifel, ob sie eine unabhängige Rolle bei der Suche nach einem Ausweg spielen könne. Zudem forderte Russland, die EU müsse die Referenden als Ausdruck des Volkswillens respektieren und auf die Regierung in Kiew einwirken, einen Dialog mit ihren Gegnern zu beginnen.