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KIEW
Kiew bietet Separatisten Straffreiheit an
In Donezk: Ein prorussischer Demonstrant hat sich verbarrikadiert.
Foto: Alexander Khudoteply, afp | In Donezk: Ein prorussischer Demonstrant hat sich verbarrikadiert.
Michael Deppisch
Michael Deppisch
 |  aktualisiert: 10.04.2014 19:06 Uhr

Mit Zuckerbrot und Peitsche will die ukrainische Regierung die schwere Krise im Osten lösen. Angesichts von besetzten Staatsgebäuden und prorussischen Provokateuren droht Innenminister Awakow mit Gewalt. Übergangspräsident Turtschinow lockt mit möglichen Reformen. Die prowestliche Regierung in Kiew hat den prorussischen Separatisten in der Ostukraine Straffreiheit in Aussicht gestellt. Falls die Aktivisten die besetzten staatlichen Gebäude in Lugansk und Donezk freiwillig räumten und ihre Waffen niederlegten, werde die Justiz der Ex-Sowjetrepublik keine Verfahren gegen sie einleiten.

„Wir sind bereit, eine Reform der lokalen Regierungen zu diskutieren.“
Alexander Turtschinow Übergangspräsident der Ukraine

Das sagte Interimspräsident Alexander Turtschinow am Donnerstag bei einer Parlamentssitzung in Kiew nach Angaben örtlicher Medien. „Ich bin bereit, dies mit einem Präsidentenerlass zu bestätigen“, betonte Turtschinow. Innenminister Arsen Awakow hatte den Provokateuren mit gewaltsamer Räumung gedroht.

In Donezk halten Hunderte nach Russland orientierte Aktivisten die Gebietsverwaltung besetzt, in Lugansk ein Gebäude des Geheimdienstes SBU. Turtschinow sagte, er habe mit den Besetzern telefoniert. Dabei habe er auch mehr örtliche Autonomie angedeutet. „Wir sind bereit, unverzüglich eine Reform der lokalen Regierungen zu diskutieren, um die Macht der Regionalversammlungen zu stärken“, sagte Turtschinow. Die Separatisten und auch die Regierung in Moskau fordern eine Föderalisierung der Ukraine mit mehr Rechten vor allem für die russischsprachigen Gebiete im Süden und Osten.

Das Außenministerium in Moskau warf Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen Stimmungsmache gegen Russland vor. Rasmussen versuche, die Reihen des Bündnisses mit Berufung auf eine eingebildete äußere Gefahr und auf Kosten Russlands zu festigen. Damit wolle der scheidende Generalsekretär die Bedeutung des Bündnisses künstlich stärken, hieß es in einer Mitteilung.

Sieben Wochen nach der Tötung Dutzender Demonstranten in Kiew durch Scharfschützen wachsen nach Informationen des ARD-Magazins „Monitor“ Zweifel an der offiziellen Version der Ereignisse. Die Staatsanwaltschaft und die neue Regierung hatten bisher nur Mitglieder der Polizeieinheit Berkut (Steinadler) als Schuldige präsentiert. Allerdings hatten die Ermittler betont, die Recherchen zu den Scharfschützen seien noch nicht abgeschlossen. Laut „Monitor“ bezweifelt ein beteiligter Ermittler die Version von der Alleinschuld der Berkut.

Auf Videos sei zu erkennen, dass Regierungsgegner auch vom Hotel „Ukraina“ aus beschossen wurden, das in der Hand der Oppositionellen gewesen sei. Ein Augenzeuge bestätige das. Ein Amateur-Mitschnitt des Funkverkehrs von Scharfschützen lege zudem nahe, dass verschiedene Gruppen eingesetzt worden waren. Anwälte von Verwundeten beklagten nach Angaben von „Monitor“, dass ihnen die Ergebnisse der Ermittlungen vorenthalten würden. „Wir haben nicht gesagt bekommen, welcher Typ Waffen verwendet wurde, wir bekommen keinen Zugang zu den Gutachten, wir bekommen die Einsatzpläne nicht“, sagte ein Anwalt. Die Staatsanwaltschaft sei parteiisch.

Russische Politiker hatten den Gegnern des geflohenen Präsidenten Viktor Janukowitsch direkt die Schuld gegeben. Die neue Führung in Kiew hingegen macht Janukowitsch und den russischen Inlandsgeheimdienst FSB verantwortlich. Das Blutbad Mitte Februar hatte mit zum Sturz der Führung geführt. Bei den Protesten waren an verschiedenen Tagen insgesamt rund 100 Menschen getötet worden.

Die parlamentarische Versammlung des Europarates hat den russischen Abgeordneten wegen der Ukraine-Krise vorläufig das Stimmrecht entzogen. Das entschied die Versammlung am Donnerstag in Straßburg. Die Sanktion gilt bis Ende des Jahres. Eine weitergehende Forderung, die 18 russischen Abgeordneten komplett auszuschließen, wurde zurückgewiesen. In der Debatte wurde die Annexion der Krim als Verstoß gegen internationales Recht scharf verurteilt.

 
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