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BRÜSSEL
Keine Chance für EU-Frauenquote
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 08.01.2016 10:42 Uhr

Mit erkennbarem Neid schauten Europas Politikerinnen am Freitag nach Berlin. Während der Bundestag die deutsche Frauenquote auf den Weg brachte, kommt das weitaus ehrgeizigere Projekt nicht vom Fleck. Bis zu 40 Prozent der Leitungsorgane von börsennotierten Unternehmen wollte Brüssel bis 2020 (bis 2018 bei öffentlichen Betrieben) mit Frauen besetzt sehen. Doch daraus wird nichts. Europas Quote scheint vom Tisch – abgeblockt, mit Prüfvermerken und Verweisen auf die Subsidiarität vom Tisch gewischt. Das zeigt ein „Sachstandsbericht“ des Ministerrates, der unserem Brüsseler Büro vorliegt.

„Ich bin pessimistisch“, bekannte am Freitag denn auch die sozialdemokratische Gleichstellungsexpertin, die Europa-Abgeordnete Kerstin Westphal, gegenüber dieser Zeitung. „Aber solange eine Handvoll Regierungschefs eine Quote mit ihrer Sperrminorität blockiert, bleibt es bei diesem unerträglichen Stillstand.“ Tatsächlich ist die Liste der Gegner für den frauenpolitischen Vorstoß der früheren EU-Kommissarin Viviane Reding lang. Dänemark, die Niederlande, Polen, Schweden, Großbritannien und Tschechien legten schnell Widerspruch ein, weil sie einen Eingriff in die Subsidiarität fürchteten. Sie wehrten sich also gegen eine Frauenquote auf EU-Ebene, weil diese besser durch die Nationalstaaten eingeführt werden könne.

Deutschland stoppte das Vorhaben durch immer neue Eingaben, die das Projekt hinauszögerten. „Es gibt eine breite Zustimmung zu dem Ziel, doch gehen die Ansichten darüber, wie dieses Ziel am besten erreicht werden kann, noch stark auseinander“, notierte man im Ministerrat.

Veto der Mitgliedsstaaten

Allerdings lehnten einige Regierungen den Vorstoß zugunsten weiblicher Führungskräfte auch rundweg ab. Diplomatisch verklausuliert kommt man in Brüssel deshalb zu dem Schluss, es seien „noch weitere Arbeiten und politische Überlegungen“ nötig, was unterm Strich so viel heißt wie „Die Quote ist tot“. Zwar räumt auch die SPD-Frauenpolitikerin Westphal ein, dass man „keine zusätzliche europäische Regelung“ brauche, wenn „alle Mitgliedsstaaten auf nationaler Ebene eine starke Quotenregelung“ erlassen würden.

Sie gibt aber zu bedenken, dass „Unternehmen, die sich nicht an die Quote halten, auch hart sanktioniert werden müssen“. Kommission und Europäisches Parlament ziehen da an einem Strang, können aber gegen das Veto der Mitgliedsstaaten wenig ausrichten. Seit einem entsprechenden Beschluss der EU-Volksvertreter im November 2013 hat sich rein gar nichts bewegt.

 
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