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BRÜSSEL
Kaum noch Chance für TTIP
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 18.11.2016 03:56 Uhr

Nach dem Schock kommt die Ernüchterung: Die EU versucht, sich auf den kommenden US-Präsidenten Donald Trump einzustellen – und muss dabei Erstaunliches feststellen. Er habe nach dem Vorliegen des Wahlergebnisses am Mittwoch einige Staats- und Regierungschefs angerufen, sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, den französischen Staatspräsidenten François Hollande sowie den italienischen Premier Matteo Renzi. Das Fazit Junckers: „Niemand kennt ihn.“ Also beginnt man auf allen Ebenen der Union, in den überlieferten Wahlkampfäußerungen des neuen starken Mannes in Washington herumzustochern.

Am heutigen Freitag treffen sich die Handelsminister der Union in Brüssel. Sie bewegt vor allem eine Frage: Was wird aus dem Freihandelsabkommen TTIP? Bernd Lange (SPD), der Vorsitzende des einflussreichen Handelsausschusses im Europäischen Parlament, ist da schon weiter. Für ihn steht fest: „TTIP ist Geschichte.“ Kommissions-Vizepräsident Jyrki Katainen hatte zwar am Mittwoch kundgetan, ihm persönlich sei keine Äußerung Trumps bekannt, in dem er sich ausdrücklich gegen TTIP ausgesprochen habe. Sein Chef blieb da skeptischer: „Ich sehe TTIP nicht als etwas, das in den nächsten zwei Jahren passieren wird“, räumte Juncker ein. Erst 2018 könne sich vielleicht etwas bewegen.

Kaum anders ist die Stimmung unter den Analysten der großen Finanzinstitutionen. So heißt es in einem Papier der Analyse-Abteilung der HSH Nordbank: „Unter Trump dürfte TTIP keine Chance auf Realisierung haben. Selbst wenn Präsident Obama noch das Wunder gelingen sollte, das Abkommen bis Ende des Jahres zu verabschieden, dürfte die Ratifizierung von einer Regierung Trump blockiert werden.“

Für die europäischen Unternehmen wäre dies ein schwerer Rückschlag, wie es beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sowie den Handwerkskammern heißt. Schließlich hatte man darauf gehofft, den EU-Markt um die 300 Millionen amerikanischen Verbraucher vergrößern zu können.

Massive Folgen für europäische Firmen

Noch ist die Hoffnung nicht völlig zerstört. „Wenn Trump Amerika wieder stark machen will, muss er in die Infrastruktur und auch die Industrie investieren. Das geht nicht ohne die Maschinen und Produkte aus Europa“, sagte ein hochrangiges Kommissionsmitglied. „Auch Trump braucht Europa.“ In solchen Sätzen spielt allerdings viel Hoffnung mit. Schließlich würden die deutschen und europäischen Unternehmen schon massiv getroffen, wenn Trump – wie ausdrücklich angekündigt – das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta mit Kanada und Mexiko aufkündigen würde.

Sollte der künftige Präsident diesen Vertrag aussetzen, wären alle jene Konzerne aus der EU betroffen, die von ihren Produktionsstätten in Mexiko aus dem amerikanischen Markt beliefern.

Noch dramatischer könnte sich am Ende ein anderer Schritt auswirken, den Trump zumindest im Wahlkampf öfters angesprochen hat: Wenn die USA wirklich ihre Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation (WTO) aufkündigen sollten, hätte die Trump-Administration freie Hand, Schutzzölle in beliebiger Höhe nicht nur auf chinesische Waren aufzuschlagen – Trump hatte hier von 45 Prozent gesprochen –, sondern auch auf europäische. Doch noch hofft man in Peking ebenso wie in Brüssel darauf, dass sich am Ende vielleicht doch der Geschäftsmann Trump gegen den neuen Präsidenten durchsetzt.

 
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