Wenn ein ehemaliger Minister in die Wirtschaft wechselt, geht das selten ohne größere öffentliche Erregung ab. Ob Dirk Niebel beim Rüstungskontern Rheinmetall anheuert, Daniel Bahr bei der Allianz oder der frühere Kanzleramtschef Ronald Pofalla bei der Bahn: Der Vorwurf, da versilbere einer sein Insiderwissen, begleitet jeden von ihnen.
Mit einem neuen Gesetz wollen Union und SPD für solche Seitenwechsler nun eine Karenzzeit von einem Jahr einführen und in besonders problematischen Fällen sogar auf einer Auszeit von 18 Monaten bestehen. Darüber entscheiden wird ein spezielles Gremium, das die Regierung erst noch einsetzen muss und das sich vor allem an einer Frage orientieren soll: Gibt es zwischen dem Regierungsamt und der neuen Aufgabe einen Interessenskonflikt?
Bei Daniel Bahr wäre das vermutlich der Fall. Als Gesundheitsminister war der Liberale für die privaten Krankenversicherungen zuständig, zu denen sein neuer Arbeitgeber gehört. Allerdings lässt Bahr auch ohne Gesetz eine Anstandsfrist von knapp einem Jahr verstreichen, ehe er in die Wirtschaft geht. Der frühere Wirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler arbeitet bereits seit Februar als Geschäftsführer des Weltwirtschaftsforums in der Schweiz.
Keine Regelung gibt es bisher für die Seitenwechsler, die den umgekehrten Weg gehen. So hat Justizminister Heiko Maas (SPD) sich mit Gerd Billen, den Chef-Lobbyisten der Verbraucherschützer, als Staatssekretär ins Haus geholt. Von einem möglichen Interessenskonflikt war damals nicht die Rede. „Das ist ungefähr so“, sagt ein einflussreicher Unionsmann, „als hätte der Verkehrsminister einen Verbandsfunktionär aus der Automobilindustrie zum Staatssekretär gemacht.“