Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich gegen Waffenhilfen für die Kurden in der seit Wochen hart umkämpften nordsyrischen Stadt Kobane ausgesprochen. Deren syrisch-kurdische Partei PYD sei ebenso eine „Terrororganisation“ wie die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK, sagte Erdogan nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Anadolu. Die Miliz der PYD, die kurdischen Volksschutzeinheiten (PYG), verteidigen seit fünf Wochen Kobane gegen radikalsunnitische Kämpfer des Islamischen Staates (IS). Am Sonntag gelang es ihnen nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, sich in vom IS besetzte östliche Stadtteile vorzukämpfen.
US-Präsident Barack Obama besprach in der Nacht zu Sonntag mit Erdogan am Telefon die Lage in Syrien und besonders in Kobane. Es sei darum gegangen, wie der Vormarsch des IS gestoppt werden könne, teilte das Weiße Haus mit. Beide Präsidenten hätten zugesichert, im Kampf gegen den IS eng zusammenzuarbeiten. Dessen ungeachtet erklärte Erdogan auf dem Rückflug von Afghanistan, niemand könne von der Türkei erwarten, Waffenlieferungen an die PYD zuzustimmen.
Diskussion um Waffenlieferungen
Nach Angaben des PYD-Sprechers Newaf Khalil ist die Diskussion um Waffenlieferungen noch nicht vom Tisch. „Wir haben uns von Anbeginn als Teil der internationalen Allianz zur Bekämpfung des IS bezeichnet“, sagte Khalil am Sonntag. Die PYD stehe darüber im Austausch mit den USA und europäischen Ländern. „Wir haben die Notwendigkeit diskutiert, PYG-Einheiten im Widerstand gegen Isis zu unterstützen“, sagte Khalil.
Die verbesserte Zusammenarbeit von Kurden und der internationalen Allianz hat geholfen, den IS-Vormarsch in Kobane zu stoppen. „Es gab enge Absprachen beider Seiten“, sagte Rami Abdel Rahman, der Leiter der syrischen Beobachtungsstelle. Einen PYG-Vorstoß in das vom IS besetzte Stadtviertel Kani Araban in Kobane hatte die Allianz am Sonntag mit sechs Luftschlägen unterstützt.
Derweil starben im Irak nur einen Tag nach der Komplettierung der Regierung bei einem Selbstmordanschlag nahe Tikrit elf Menschen. Nach Angaben der Nachrichtenseite Al-Sumaria News hatten Selbstmordattentäter eine Versammlung von Sicherheitskräften in einem Dorf der nordirakischen Provinz Salaheddin angegriffen. Dabei sei auch der örtliche Polizeichef getötet worden. In den vergangenen Tagen hätten irakische Truppen mit Luftunterstützung der internationalen Koalition vermehrt IS-Stellungen in der Umgebung angegriffen.
Tausende auf der Straße
Das irakische Parlament bestätigte Chaled al-Obeidi als Verteidigungsminister und Mohammed al-Ghaban als Innenminister. Die Bundesregierung und die USA begrüßten die Komplettierung der Regierung als wichtigen Schritt zur Wiederherstellung der Stabilität. Der Machtkampf in Bagdad hatte auch den Vormarsch des IS begünstigt, der nun im Irak wie in Syrien je ein Drittel der Landesfläche beherrscht.
In mehreren deutschen Städten haben am Wochenende erneut tausende Kurden gegen das brutale Vorgehen der Terrormiliz Islamischer Staat in Syrien und im Irak demonstriert. Allein in Bielefeld gingen rund 1700 Menschen auf die Straße, in Berlin etwa 1000. Aber auch in vielen anderen Städten in Hessen, Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein gab es Kundgebungen. Die Proteste blieben nach Polizeiangaben überwiegend friedlich. Die Sicherheitsbehörden betrachten die Lage jedoch aufmerksam, nachdem es zuletzt am Rande solcher Demonstrationen zu Ausschreitungen zwischen Kurden und deutschen IS-Anhängern gekommen war. In Deutschland leben rund 800 000 Kurden.
Deutsche Justiz in Aktion
Festnahmen: Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ist gegen mehrere mutmaßliche Unterstützer islamistischer Terrororganisationen in Deutschland vorgegangen. Sie sollen Ausrüstung und Geld für die Milizen Islamischer Staat (IS) und Ahrar al-Scham gesammelt und nach Syrien sowie in den Irak gebracht haben. In Aachen seien ein 38-jähriger Tunesier und ein 28-jähriger Russe festgenommen worden, teilte der Generalbundesanwalt in Karlsruhe am Wochenende mit. Sie säßen in Untersuchungshaft. Durchsuchungen: In sieben Bundesländern wurden Wohnungen der Männer und von 13 anderen mutmaßlichen Unterstützern durchsucht. Zwei weitere Verdächtige wurden vorläufig festgenommen, sie sollten dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. „Da werden wir Haftbefehl beantragen“, sagte ein Sprecher in Karlsruhe.
Verdacht: Wie die Justizbehörde weiter mitteilte, wurden Wohnungen in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein durchsucht. Alle Männer stünden unter Verdacht, eine ausländische terroristische Vereinigung unterstützt zu haben, hieß es. Schleuser: Dem 38-jährigen Tunesier wird vorgeworfen, dem IS Kleidung im Wert von 1100 Euro sowie 3400 Euro Bargeld zur Verfügung gestellt zu haben. Zusammen mit dem nun festgenommenen Russen (28) soll er auch einen 17-Jährigen aus Deutschland nach Syrien geschleust haben. Die übrigen Beschuldigten sollen etwa 7500 Stiefel, 6000 Militär-Parkas und 100 Militärhemden im Wert von über 130 000 Euro an Ahrar al-Scham geliefert haben. TEXT: DPA