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BRÜSSEL/WÜRZBURG
Kampf dem Plastikmüll
Conny Puls
 |  aktualisiert: 26.04.2023 23:07 Uhr

Jeder kennt das: An der Obst- und Gemüsetheke im Einkaufsmarkt greift man zur dünnen Plastiktüte – auch Hemdchenbeutel genannt – um das Grünzeug abzuwiegen. An der Kasse schnappt man sich die nächste, weil man wieder einmal den Korb zu Hause vergessen hat. Das summiert sich auf durchschnittlich 64 Einwegtüten pro Bundesbürger pro Jahr. Doch Kunststoffe erzeugen erhebliche Probleme für die Umwelt. Jahr für Jahr landen riesige Mengen an Plastikmüll in den Weltmeeren. Zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen sind es pro Jahr. Diese Zahlen nannten Experten aus Australien und den USA im Fachblatt „Science“ gerade erst im Februar.

Deshalb sagt die Europäische Union den Plastiktüten nun den Kampf an. Um den Verbrauch der Einwegtüten zu senken, dürfen die EU-Staaten künftig die Beutel besteuern oder national sogar verbieten. Das beschlossen die Minister am Montag in Brüssel und segneten die schon länger debattierten Pläne damit endgültig ab. Bis Ende 2025 sollen die EU-Bürger im Schnitt nur noch 40 Beutel verbrauchen – im Jahr 2010 waren es noch 176 Einwegtüten. „Dabei hat jeder Kunde den Verbrauch selbst in der Hand. Schon der kleine Hemdchenbeutel kann an der Kasse zurückgeben werden. Die meisten vergessen das nur“, moniert Ulrich Lottner von der Abfallinformationsstelle beim Bayerischen Landesamt für Umwelt. Und wenn der Kunde schon nicht an andere Behältnisse wie Körbe oder Netze denke, solle er Plastiktüten wenigstens weiter verwenden.

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Zum Beispiel als Müllbeutel. Dann landet die Tüte allerdings wieder im Restmüll und geht zu den regionalen Abfallwirtschaftsbetrieben, wo sie nicht recycelt, sondern verbrannt wird und damit zum CO2-Ausstoß beitragen, sagt Norbert Völl, Pressesprecher beim Dualen System Deutschland (DSD). Seinen Kenntnissen zufolge landen die meisten Plastiktüten im Gelben Sack, wo sie vom DSD zu neuen Kunststoffen weiterarbeitet würden. „Pro Kilo Kunststoff, der in den Gelben Sack kommt, sparen wir 1,3 Kilo CO2 verglichen mit Müll in der Reststofftonne, der verbrannt wird.“

Die Deutsche Umwelthilfe indes geht davon aus, dass in Europa nicht einmal jede zehnte Plastiktüte recycelt, sondern vielmehr achtlos weggeworfen werde. Um der wilden Müllablagerungen überhaupt Herr zu werden, ruft beispielsweise der Landkreis Würzburg in diesem Jahr zum zehnten Mal Freiwillige dazu auf, sich an der Aktion „putz-munter“ zu beteiligen, die diesmal vom 13. bis 21. März stattfindet. Auch im Landkreis Lichtenfels trug im vergangenen Jahr der Aktionstag „Ramadama“ dazu bei, die Flüsse und Ufer von Unrat zu befreien. Mit einer eher ungewöhnlichen Aktion machen der Katholische Deutsche Frauenbund, der Diözesanverband Augsburg und der VerbraucherService Bayern im KDFB (VSB) auf den massenhaften Plastikkonsum aufmerksam: Mit dem Projekt „7 Wochen miteinander Plastikfasten“ möchten sie zum bewussten Umgang mit Kunststoffen motivieren. Iris Graus, Verbraucherberaterin beim VSB, informiert: „117 Kilogramm Plastik verbraucht jeder in Deutschland durchschnittlich im Jahr. Während der Fastenzeit sind das rein rechnerisch 15 Kilogramm pro Kopf“. Komplett auf Gegenstände aus Kunststoff zu verzichten, ist nicht immer möglich. Doch gerade beim Einkauf lasse sich viel Plastik einsparen, meint Graus.

Noch nicht beschlossen, aber diskutiert wird auch über eine Umwelt-Zwangsabgabe für Einwegflaschen. Nachdem Coca-Cola bei 0,5 und 1,5-Literflaschen künftig verstärkt auf Einweg setzen will, denkt das Umweltbundesamt (UBA) über entsprechende Maßnahmen nach. „Eine Zusatzabgabe für Einweg zur Stützung des Mehrwegs schließen wir nicht aus“, zitiert Spiegel-online die UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. Das UBA berät das Bundesumweltministerium und hat deshalb entsprechenden Einfluss.

Mehrweg ist besser als Einweg

Deutschland zählt mit 5,3 Milliarden Plastiktüten im Jahr neben Italien, Spanien und Großbritannien zu den Spitzenreitern beim Verbrauch.

Je nach Kunststoffart benötigen Plastiktüten 100 bis 500 Jahre, bis sie vollständig zerfallen.

Tüte ist nicht gleich Tüte: Dünnwandige und eingeschränkt verwendbare Tüten werden als Einweg-Tüten bezeichnet. Im Gegensatz dazu sind Mehrweg-Tüten besser verarbeitet und können häufiger genutzt werden. Stofftaschen und andere Mehrweg-Behälter sind aus Umweltschutzgründen immer besser.

Oft besteht nicht nur die Verpackung aus Plastik. Verbraucher sollten Kosmetikprodukte mit gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffen wie beispielsweise Polyethylen (Mikroplastik) vermeiden.

Informationen zum Thema „Plastik – Segen oder Fluch?“ sind erhältlich in der Beratungsstelle des VerbraucherService Bayern in Würzburg oder unter www.verbraucherservice-bayern.de
 

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