
Jubel in Hamburg und neue Hoffnung für Naumburg: Die Hamburger Speicherstadt und das Kontorhausviertel sind jetzt das 40. Welterbe Deutschlands. Das Unesco-Welterbekomitee beschloss die Aufnahme am Sonntag bei seiner Tagung in Bonn. Der Naumburger Dom als weitere deutsche Bewerbung bekommt nach einer Zitterpartie eine zweite Chance, von der UN-Kulturorganisation als einzigartige kulturelle Stätte aufgenommen zu werden. Die Delegierten wiesen den Welterbe-Antrag Naumburgs zur Überarbeitung zurück. Damit kann er nach umfassenden Nachbesserungen noch einmal eingereicht werden.
Mit langem Applaus und einer langen Gratulantenschlange feierten die Delegierten des Welterbe-Komitees die Aufnahme der Hamburger Speicherstadt in das prestigereiche Welterbe-Verzeichnis. Sie gilt als das größte zusammenhängende und einheitlich geprägte Speicherensemble der Welt. «Wir fühlen uns so gerührt und so erfreut», sagte die Hamburger Kultursenatorin Barbara Kisseler. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sagte: «Wir Hamburgerinnen und Hamburger dürfen stolz sein auf unsere neue Welterbestätte.» Die Hansestadt nehme nun die Verantwortung für den Schutz dieses Erbes wahr.
Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Maria Böhmer, sagte als Vorsitzende des Unesco-Welterbekomitees: «Das ist ein großer Tag für Hamburg.» Der Komplex stehe für die Weltoffenheit der Hansestadt und die deutsche Kaufmannstradition. Die Speicherstadt werde nicht nur als Denkmal konserviert, sondern Tag für Tag mit Leben erfüllt.
Die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Verena Metze-Mangold, erklärte, die Speicherstadt stehe nun in «einer Reihe mit den Pyramiden Ägyptens, dem Mont Saint-Michel, dem Tadsch Mahal, oder der Inkastadt Machu Picchu.»
Gebaut wurde die Speicherstadt zwischen 1885 und 1927 auf einer Inselgruppe in der Elbe. Sie besteht aus 15 Backsteinbauten in neogotischer Architektur. Die Lagerhäuser und kleine Nebengebäude sind durch Straßen, Wasserstraßen und Brücken miteinander verbunden. Das benachbarte Kontorhausviertel wurde zwischen 1920 und 1940 erbaut. Berühmt ist das von Fritz Höger errichtete Chilehaus - mit seiner an einen Schiffsbug erinnernden Spitze.
Nach langem Bangen konnte Naumburg aufatmen. Zwar lehnte das Welterbekomitee die Aufnahme von Naumburger Dom und hochmittelalterlicher Herrschaftslandschaft an Saale und Unstrut ab. Aber die Antragsteller dürfen ihre Bewerbung umfassend überarbeiten und frühestens im Februar 2016 wieder einreichen. Danach dauert es wieder eineinhalb Jahre bis zur Entscheidung. Ursprünglich sollte der Antrag zum Naumburger Dom auf Empfehlung des Weltdenkmalrats ICOMOS sogar unwiderruflich abgelehnt werden.
«Mir fällt ein Stein vom Herzen», sagte der Vorsitzende der Bewerbungsinitiative Götz Ulrich nach dem Unesco-Votum. Die Region werde den Antrag zügig überarbeiten. Auch Staatsministerin Böhmer zeigte sich erleichtert. «Ich wünsche, dass Sachsen-Anhalt der zweite Anlauf gelingt.» Die Unesco-Entscheidung zu Naumburg sei «richtungsweisend». Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte: «Das Kämpfen hat sich gelohnt.» Er gehe zuversichtlich in die neue Runde.
Der Naumburger Dom zählt zu den bedeutendsten Kirchenbauten des Hochmittelalters. Berühmt ist die Kirche wegen ihrer zwölf überlebensgroßen Stifterfiguren.
Auch eine Sammelbewerbung zur Wikingerkultur mit deutscher Beteiligung hatte es im ersten Anlauf nicht auf die Welterbeliste geschafft und muss nachgebessert werden. Deutschland ist mit dem Wikingerhandelszentrum Haithabu und den Verteidigungswällen des Danewerk in Schleswig-Holstein an dem Antrag von fünf Ländern unter Federführung Islands beteiligt.
Mit den aktuellen Entscheidungen in Bonn gibt es nun mehr als 1020 Welterbestätten in über 160 Ländern. Neu aufgenommen wurden etwa auch das jordanische Bethanien als Wohn- und Wirkungsort Johannes des Täufers, der Botanische Garten in Singapur, die Forth Bridge in Schottland als einst längste Stahlauslegerbrücke der Welt, spanische Missionsstationen in San Antonio (USA) sowie die französischen Weinbaugebiete und -produktionsorte im Burgund und der Champagne.