Der Marlboro-Mann gilt als Inbegriff der Tabakwerbung. Nun prangt er auf dem Cover des neuen Reports der Verbraucherschützer von Foodwatch. Statt an einer Zigarette zu ziehen, nippt der berühmte Cowboy allerdings an einer Flasche Cola.
Ist Limonade also der neue Tabak? Foodwatch sieht das so. Einerseits begünstigt der Konsum der Süßgetränke auf lange Sicht Krankheiten, etwa Diabetes, andererseits sehen die Verbraucherschützer bei den Getränkekonzernen ähnliche aggressive Marketingstrategien wie in der Tabakindustrie.
Die Verbraucherschützer fordern deshalb von der Politik eine Herstellerabgabe auf zuckerhaltige Getränke, eine Zuckersteuer, ähnlich wie die, die ab morgen in Großbritannien gilt. Dort haben die Konzerne bereits reagiert und ihre Rezepturen angepasst, um um die Steuer herumzukommen.
Die neue Ernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) erteilte dieser Idee jedoch eine Absage. Sie sagte: „Es klingt einfach und verlockend, eine zusätzliche Steuer für Fertigprodukte in unserem Land zu erheben, aber die Praxis tut der Theorie nicht immer den Gefallen.“ Ihrer Ansicht nach geht es eher um den Gesamtkaloriengehalt. Und der sinke nicht automatisch, wenn der Zuckergehalt in manchen Produkten geringer ist. Klöckner betonte: „Im Fokus steht die gesamte Lebens- und Ernährungsweise, nicht einzelne Nährstoffe.“ Sie plädiert deshalb für eine Gesamtstrategie zur Reduzierung von Fett, Zucker und Salz. Sie setze zudem auf Ernährungsbildung über gesunde Ernährung, um ein besseres Verständnis für unsere Lebensmittel und deren Wirkung zu schaffen.
Durchaus erfolgreich
Dabei ist Großbritannien nicht das einzige europäische Land, das eine solche Steuer erhebt. Auch in Finnland, Norwegen, Estland, Irland, Belgien, Frankreich, Portugal und Ungarn müssen Unternehmen bezahlen, wenn sie Zuckergetränke verkaufen wollen. Die Verbraucherschützer von Foodwatch stufen die Maßnahmen als durchaus erfolgreich ein, um den Zuckerkonsum zu reduzieren. In Berlin hat die Organisation am Mittwoch ihren Coca-Cola-Report vorgestellt, in dem es darum geht, warum die Getränkeindustrie, und allen voran Marktführer Coca-Cola, eine besondere Verantwortung für den Zuckerkonsum der Gesellschaft trägt. So ist ein Ergebnis des Reports, dass gerade zuckerhaltige Erfrischungsgetränke besonders ungesund seien. Denn sie enthalten viel Zucker, dafür aber keine anderen Nährstoffe. So hat Apfelsaft zwar einen vergleichbar hohen Zuckergehalt wie die bekannten Limos, könne aber durchaus auch mal eine Portion Obst ersetzen, sagt Martin Rücker, Geschäftsführer von Foodwatch Deutschland.
Auch im Vergleich mit Schokolade und Weingummi schneiden die gezuckerten Getränke schlecht ab. Der Autor des neuen Reports, Oliver Huizinga, sagte, während eine Handvoll Süßigkeiten am Tag noch in Ordnung sei, erhöhe eine Dose Zuckergetränk bereits das Risiko für Fettleibigkeit und Diabetes.
Denn im Gegensatz zu den Naschereien machen die Getränke nicht satt. Der Körper merkt gar nicht, dass er Kalorien aufgenommen hat. Foodwatch kreidete Coca-Cola nicht nur an, dass viele der Produkte, neben Cola auch Fanta, Sprite oder der Sportdrink Powerade, viel Zucker enthalten. Foodwatch warf dem Konzern auch vor, gezielt Werbung für Kinder und Jugendliche zu machen – obwohl die Firma sich selbst dazu verpflichtet hatte, das nicht zu tun. Die bekannten Weihnachtstrucks oder auf den Dosen aufgedruckte Fußballstars sprächen gezielt Kinder an.
Verschleierungstaktik
Weiter sagte Oliver Huizinga, Autor des Coca-Cola-Reports: „Coca-Cola torpediert gezielt gesundheitspolitische Initiativen rund um den Globus und versucht, mithilfe von Lobbyverbänden, die Gesundheitsgefahren von Zuckergetränken zu verschleiern.“ Dazu setze der Konzern ähnliche Methoden ein wie früher die Tabakindustrie.
Coca-Cola reagierte in einer Stellungnahme auf die Vorwürfe der Verbraucherschützer. Patrick Kammerer, Mitglied der Geschäftsleitung, bezeichnete das Unternehmen als Teil eines größeren Puzzles. Viele, auch Coca-Cola, müssen an der Lösung des Problems mitarbeiten. Er sagte: „Wir sind offen für einen konstruktiven, lösungsorientierten Dialog darüber, welchen Beitrag unser Unternehmen dabei leisten kann.“