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BERLIN
Islamkonferenz verurteilt Salafismus
In der Kritik: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (links) eröffnete in Berlin die Sitzung der Deutschen Islamkonferenz.
Foto: dpa | In der Kritik: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (links) eröffnete in Berlin die Sitzung der Deutschen Islamkonferenz.
Von unserem Korrespondenten Martin Ferber
 |  aktualisiert: 19.04.2012 20:51 Uhr

Armina Omerika will nicht mehr. Die 35-jährige Islamwissenschaftlerin, die 1991 als Kind aus Bosnien-Herzegowina nach Deutschland kam und 2010 vom damaligen CDU-Innenminister Thomas de Maiziere als unabhängige Einzelperson in die Deutsche Islamkonferenz berufen wurde, hat ihren Austritt aus dem Gremium erklärt. „Die Islamkonferenz war ursprünglich eine gute Idee und hat wichtige Impulse gegeben, etwa zur Einrichtung von Lehrstühlen für islamische Theologie oder auch in Richtung Versachlichung einer emotional geführten Islamdebatte“, sagte die an der Uni Bochum lehrende Omerika zur Begründung. „Inzwischen kommt mir das Gremium immer sinnloser vor.“ Vor allem, weil sie sich von de Maizieres Nachfolger Hans-Peter Friedrich (CSU) „keine Fortschritte“ mehr erwarte, so ihr Vorwurf. „Durch seine notorischen Ausfälle hat er gezeigt, wie wenig er sich eigentlich mit dem Thema auseinandersetzt.“

Armina Omerika steht mit ihrer Kritik an der Islamkonferenz, die der frühere Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) im September 2006 erstmals einberufen hat, nicht alleine da. Im Vorfeld der achten Plenarsitzung am Donnerstag in Berlin ging auch Kenan Kolat, der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, auf Distanz zu Friedrich, da dieser mit der Tradition seiner Vorgänger brach, die Ergebnisse auf einer gemeinsamen Pressekonferenz vorzustellen und dabei auch offen die unterschiedlichen Sichtweisen, Differenzen und Kontroversen in dem Gremium zur Sprache zu bringen. Friedrich habe wohl „Angst, dass die Verbände etwas anderes sagen“, klagte Kolat. „Wir erleben eine Verstaatlichung der Islamkonferenz, so wird das wahrgenommen.“

Gänzlich unbeeindruckt von der Kritik zeigte sich hingegen der derart Gescholtene. Als ob nichts gewesen wäre, dankte Friederich allen Mitwirkenden „für ihr Engagement und ihre konstruktive Arbeit“ und würdigte die Fortschritte, die die Islamkonferenz in den letzten Jahren beispielsweise bei der Ausbildung von Imamen oder der Verankerung des islamischen Religionsunterrichts an Schulen erzielt habe. „Es bewegt sich was.“ Positiv bewertete er auch, dass die Konferenz im Konsens ein Zeichen gegen den radikalen Salafismus sowie gegen häusliche Gewalt und Zwangsehen gesetzt habe. „Wir sind uns alle einig, dass salafistischer Extremismus nicht akzeptabel ist“, fasste der Oberfranke die Diskussion zusammen. „Radikale Salafisten sind unter Muslimen in Deutschland nicht mehrheitsfähig.“ Die Konferenz habe sich schon in der Vergangenheit kritisch mit dieser radikalen Strömung innerhalb des Islam auseinandergesetzt, das Thema bereite ihm aber unverändert „große Sorgen“. Nicht jeder Salafist sei ein Terrorist, aber viele Terroristen und Gewalttäter hätten salafistische Bezüge. Auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, distanzierte sich von den Salafisten, die jüngst für Aufsehen sorgten, weil sie in den Fußgängerzonen deutscher Städte kostenlose Koran-Exemplare verteilten. „Die Salafisten haben auf schwierige Fragen einfache Antworten, wie die Rassisten“, sagte Kolat.

Einmütig verabschiedete die Konferenz eine Erklärung gegen häusliche Gewalt und Zwangsverheiratung. Friedrich würdigte, dass sich erstmals Muslime unterschiedlichster Herkunft und Religiosität in Deutschland darauf verständigt hätten, dass dies keine Frage der Religion sei, sondern Ausdruck eines patriarchalischen Gesellschaftsbildes. Kein Thema auf der Konferenz war hingegen die Aussage von Unionsfraktionschef Volker Kauder, wonach der Islam „nicht Teil unserer Tradition und Identität in Deutschland“ sei und somit nicht zu Deutschland gehöre. Friedrich wollte dazu nicht Stellung nehmen.

Zwangsverheiratung

Erzwungene Eheschließungen sind in fast allen Ländern strafbar. Nach Paragraf 237 des Strafgesetzbuches kann die Zwangsheirat in Deutschland mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden. Wenn mindestens einer der Ehepartner – durch Gewalt oder Drohungen – unter Druck gesetzt und zur Ehe gezwungen wurde, ist von einer Zwangsverheiratung die Rede. Laut Bundesfamilienministerium sind 93 Prozent derjenigen, die Hilfe bei Beratungsstellen suchen, weiblich. Ein knappes Drittel der Betroffenen ist minderjährig. Hauptmotiv ist einer 2011 veröffentlichten Studie zufolge in den allermeisten Fällen „das Ansehen der Familie“, eine Rolle spielen auch materielle Interessen. Manche Kinder werden zwangsverheiratet, weil die Eltern hoffen, ihre homosexuelle Neigung so zu unterbinden. Mitunter geht es nur darum, dem aus der Heimat nachziehenden Ehemann ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu sichern. TEXT: dpa

 
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