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WÜRZBURG
„Irgendwann ist auch noch die Ehe zu dritt möglich“
Das Gespräch führte Michael Stifter
 |  aktualisiert: 17.07.2017 04:03 Uhr

Beatrix von Storch ist stellvertretende Vorsitzende der Alternative für Deutschland. Die 46-jährige Bankkauffrau und Juristin vertritt die rechtspopulistische Partei seit 2014 als Abgeordnete im Europaparlament. Vorher war sie FDP-Mitglied.

Frage: In den Umfragen geht es für die AfD seit Monaten bergab, warum?

Beatrix von Storch: Ein Teil der Probleme ist sicherlich hausgemacht. Wir hatten interne Auseinandersetzungen und es gab unglückliche und auch verwerfliche Äußerungen Einzelner, die wir unter anderem mit Parteiausschlussverfahren oder Abmahnungen geahndet haben.

Meinen Sie damit auch sich selbst? Ihre Aussage, dass man notfalls die Grenze mit der Waffe verteidigen und auf Frauen und Kinder schießen müsste, hat viele Menschen abgestoßen . . .

Von Storch: Ich habe damals – in missverständlicher Form – auf ein gültiges deutsches Gesetz hingewiesen und klar gesagt, dass ich die Aussage bedaure. Ich stelle aber fest, dass es keinerlei Echo auf die Aussage von Herrn Weber – Europapolitiker der CSU – gab, der jetzt auch so etwas gesagt hat.

Was hat er gesagt?

Von Storch: Er hat mit Blick auf Schlepper und Schleuser gesagt: „Da müssen die Europäer notfalls auch die Waffe zur Hand nehmen.“ Das haben Sie gar nicht wahrgenommen, da gibt es keinen Aufschrei. Warum bloß?

Also sind doch vor allem die von der AfD gern als „Lügenpresse“ bezeichneten Medien schuld an den sinkenden Umfragewerten?

Von Storch: Ich habe das Wort Lügenpresse nie verwendet. Ich spreche eher von Lückenpresse. Der schlimmste Teil von „Fake News“ ist der Teil, der nicht berichtet wird.

Zum Beispiel?

Von Storch: Dass nicht darüber berichtet wird, dass die einzige, die wirklich Menschen an der Grenze erschießen lässt, Frau Merkel ist.

Wie bitte?

Von Storch: Ja, sie hat unseren Grenzschutz ausdrücklich an Herrn Erdogan übertragen, der die türkisch-syrische Grenze schützen soll, weil wir unsere Grenzen ja angeblich nicht schützen können – es sei denn, es ist G20-Gipfel. Und an dieser türkisch-syrischen Grenze wurden Selbstschussanlagen aufgebaut, dort werden Menschen getötet. Über die Toten dort hören wir nichts. Aber das geschieht im Auftrag von Frau Merkel. Das ist natürlich zugespitzt, aber es ist faktisch so.

Sie sagen, das sei zugespitzt. Finden Sie nicht auch, dass der Umgangston, gerade in Sozialen Netzwerken, durch ständiges Provozieren bisweilen schwer erträglich ist?

Von Storch: Der Umgangston ist rau und manchmal schwer erträglich, ja. Ursache dafür ist aber die Lage im Land, also die Politik der Regierung und nicht „ständiges Provozieren“, mit dem Sie quasi mich oder uns dafür verantwortlich machen wollen. Und: Rauer Umgangston ist von der Meinungsfreiheit gedeckt und berechtigt nicht zur Zensur, wie der Justizminister das jetzt machen will. Alles andere ist doch „Nordkorea“.

Nach dem G20-Gipfel in Hamburg, bei dem linksradikale Krawallmacher gewütet haben, werden Sie doch sicher auch dieses Thema im Wahlkampf aufgreifen?

Von Storch: Jetzt wird uns gleich wieder unterstellt, dass wir das „ausnutzen“. Was da los war, ist doch unglaublich. Wir sagen schon die ganze Zeit, dass wir einen wesentlichen Teil der Mittel, die gegen „Rechts“ verwendet werden, in den Kampf gegen „Links“ stecken müssen.

In der AfD gibt es zwei Strömungen. Die einen wollen Fundamentalopposition machen, die anderen wollen langfristig mitregieren. Wie sehen Sie das?

Von Storch: Für die ganze AfD gilt selbstverständlich, dass wir Politik konkret und ganz real gestalten wollen und zwar in Parlamenten. Genauso klar ist aber auch, dass wir jetzt erst einmal in die Opposition gehen. Denn es gibt keine Partei, mit der wir koalieren wollen.

Abgesehen davon, dass es auch keine Partei gibt, die mit der AfD koalieren will.

Von Storch: Das ist richtig. Eine mögliche bürgerliche Koalition mit Union und FDP scheitert momentan daran, dass die CDU keine bürgerliche Partei mehr ist.

Mit der „Ehe für alle“ ist gerade eine weitere bürgerliche Grundfeste weggebröckelt. Was halten Sie davon?

Von Storch: Frau Merkel hat das ermöglicht. Sie hat bewiesen, dass ihr das eigene Wahlprogramm egal ist und dass sie für alles zu haben ist. Wir werden das aufgreifen.

Wie erklären Sie das Ihrer Spitzenkandidatin Alice Weidel, die in einer lesbischen Beziehung mit Kindern lebt?

Von Storch: Sie trägt unser Programm voll mit – anders als zum Beispiel Frau Merkel das Programm der CDU.

Sie möchte also nicht die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare?

Von Storch: Die eingetragene Lebenspartnerschaft garantiert faktisch Gleichberechtigung. Es bedarf also keiner „Ehe für alle“. Das ist ein Dammbruch. Es ist doch logisch, was jetzt kommt: Jetzt gibt es auch kein Argument mehr dagegen, dass auch eine Ehe zu dritt möglich wird.

Aber im Unterschied zur Ehe zwischen lesbischen oder schwulen Paaren gibt es doch weder in der Gesellschaft noch in irgendeiner Partei eine Mehrheit für eine Ehe zu dritt?

Von Storch: Warten Sie mal ab. Der Prozess geht nun weiter. Es wird jetzt weiter Lobby gemacht. Und irgendwann wird es heißen: Warum eigentlich nicht?

 
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