Der iranische Präsident Hassan Ruhani signalisiert vor seinem Auftritt bei der UN-Vollversammlung Kompromissbereitschaft im Atomstreit wie auch in Menschenrechtsfragen. In einem in den USA ausgestrahlten TV-Interview macht er weitere Zugeständnisse.
Die US-Regierung begrüßt den Annäherungskurs und will der Diplomatie eine Chance geben. Israel hingegen fordert konkrete Taten. Der im August in sein Amt eingeführte Ruhani beabsichtigt, die Weltgemeinschaft in der kommenden Woche in New York von seinem Kurswechsel zu überzeugen.
Ruhani steht vor keiner einfachen Aufgabe bei dem Scherbenhaufen, den sein Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad hinterlassen hat. Der 64-jährige Ruhani sucht sein Heil daher in der Offensive. Vor seinem Abflug versicherte er in einem in der Nacht zum Donnerstag ausgestrahlten Interview des US-Fernsehsenders NBC: „Wir haben eine Atombombe niemals angestrebt oder begehrt und werden das nicht tun.“ Sein Land strebe lediglich nach einer friedlichen Nutzung der Nukleartechnologie.
Doch damit nicht genug: Wenige Stunden vor der Ausstrahlung des Interviews ließ die iranische Justiz auf Drängen Ruhanis einem Zeitungsbericht zufolge 16 politische Häftlinge frei. Darunter ist auch die Menschenrechtlerin und Sacharow-Preisträgerin Nasrin Sotudeh. Die USA werteten dies als wichtiges Signal. Washington drang zugleich auf die Entlassung aller politischen Häftlinge. Auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, rief die iranische Regierung auf, alle Inhaftierten freizulassen. Mehr als 100 politische Gefangene werden in dem Land noch festgehalten, darunter die beiden Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karrubi.
Ein Hauptziel von Ruhanis Engagement ist klar: die Aufhebung oder Lockerung der internationalen Sanktionen, die insbesondere wegen des harschen Umgangs mit der Opposition und des umstrittenen Atomprogramms verhängt wurden. Die Strafmaßnahmen und dabei vor allem das Erdölembargo haben die Wirtschaft des Landes regelrecht gelähmt. Die nationale Währung hat massiv an Wert verloren.
Für seinen Kurs versicherte sich Ruhani vor den anstehenden Atom-Gesprächen der Rückendeckung des mächtigen Klerus. „Ich habe nun die volle Autorität für die Verhandlungen“, sagte er NBC. Der oberste geistliche Führer des Landes hatte ihm zuvor sein Vertrauen ausgesprochen.
Ruhani soll kommenden Dienstag vor der UN-Vollversammlung sprechen. Nach Angaben eines von der „New York Times“ zitierten Experten wird er eine Reihe von Vorschlägen zur Entschärfung des Atomkonflikts im Gepäck haben. Ein Treffen mit US-Präsident Barack Obama ist offiziell bislang nicht geplant.