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BERLIN
Innenminister ringen um gemeinsamen Kurs gegen Terror
Bernhard Junginger
 |  aktualisiert: 23.06.2017 04:10 Uhr

Der Fall Amri darf sich niemals wiederholen – so lautet das inoffizielle Motto der dreitägigen Konferenz der deutschen Innenminister, die heute zu Ende geht. Fast alle der Vorschläge, die in Dresden diskutiert werden, drehen sich um die Frage, wie Terroranschläge künftig verhindert werden können. Weil der tunesische Attentäter seinen todbringenden Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt verüben konnte, obwohl er bei den Behörden längst als islamistischer Gefährder bekannt war, wollen Bund und Länder ihre Sicherheitsarchitektur gründlich überarbeiten.

Einheitliche Kriterien

Gerade der Umgang mit Gefährdern wie Anis Amri, von denen derzeit etwa 675 bekannt sind, soll künftig bundesweit einheitlich geregelt werden, um Kompetenzgerangel und unklare Verantwortlichkeiten zu vermeiden. Das Bundeskriminalamt hat dazu laut Bundesinnenminister Thomas de Maiziere eine neue Methode „zur Bewertung von Gefährdungssachverhalten und Gefährdern“ entwickelt, das im gemeinsamen Terrorabwehrzentrum zum Einsatz kommen soll. Anhand von einheitlichen Kriterien werden die Gefährder dabei in drei Kategorien eingestuft. Dies soll bei der Entscheidung helfen, welche Maßnahmen gegen den Gefährder getroffen werden.

Erkenntnisse, ob der Islamist Zugang zu Waffen hat, über militärische Erfahrung verfügt oder psychisch auffällig ist, finden sich darin ebenso wieder wie seine bisherige Kriminalgeschichte. Manche Umstände gelten dabei als besonders risikosteigernd: Etwa wenn ein Islamist bereits bei der Terrormiliz Islamischer Staat gekämpft hat und nach Deutschland zurückgekehrt ist. Die einheitliche Bewertung soll dann auch einen gemeinsamen Standard im Umgang mit den Gefährdern ermöglichen – den gibt es im regionalen Fleckenteppich der Sicherheitsbehörden bisher nicht. De Maiziere ist zuversichtlich, dass sich die Länderminister auf die flächendeckende Einführung des Bewertungssystems einigen werden.

Ein anderer Vorstoß des Bundesinnenministers stößt dagegen auf ein geteiltes Echo. Zur besseren Überwachung von Terrorverdächtigen fordert de Maiziere den behördlichen Zugriff auf Messengerdienste wie WhatsApp. Diese dürften nicht anders behandelt werden, als der Telefon- oder SMS-Verkehr. Während die SPD dem Vorschlag zustimmt, befürchten Grüne, Linke und der Digitalverband Bitkom schwerwiegende Einschnitte in den Datenschutz.

Mit einer Reihe von Vorschlägen sorgt auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, Spitzenkandidat der CSU mit Ambitionen auf das Amt des Bundesinnenministers, für Diskussionen. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) wirft ihm deshalb vor, die Konferenz für Wahlkampfzwecke zu nutzen. Lewentz bezieht sich vor allem auf Herrmanns umstrittene Forderung, im Kampf gegen den islamistischen Terror notfalls auch Minderjährige zu überwachen. Der bayerische Innenminister verteidigt seinen Vorschlag. Es sei „weltfremd“, wenn Ermittler von radikalisierten Minderjährigen wüssten, aber wegschauen müssten.

Herrmann für Schleierfahndung

Herrmann spricht sich zudem für die Ausweitung der sogenannten Schleierfahndung auf das gesamte Bundesgebiet aus. Sie erlaubt der Polizei anlasslose Kontrollen in Grenznähe, etwa um Drogenschmuggler, Einbrecherbanden und Menschenhändler dingfest zu machen. In fast allen Bundesländern kommt die Schleierfahndung zum Einsatz – außer in Bremen, Berlin und Nordrhein-Westfalen. Für Herrmann ist die Schleierfahndung auch ein „sinnvolles Instrument“ der Terrorabwehr. Und es sei unverständlich, dass manche Bundesländer die Möglichkeit nur halbherzig oder gar nicht nutzen.

In Deutschlands größtem Bundesland Nordrhein-Westfalen hatte die inzwischen abgewählte rot-grüne Landesregierung die Schleierfahndung abgelehnt. Mit dem Argument, sie bringe nichts. Herrmann verweist dagegen darauf, dass Bayern seit mehr als 20 Jahren gute Erfolge erziele. Die künftige Koalition aus CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen aber hat sich nun auf ein Modell für verdachtsunabhängige, aber anlassbezogene Kontrollen geeinigt. Herrmann dagegen wünscht sich bundesweit einheitliche Regeln.

 
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