Ruhe vor dem Sturm in Rumänien? Nach dem haushohen Sieg der sozialliberalen Koalition (USL) unter Ministerpräsident Victor Ponta war es am Montag weiter unklar, ob der strahlende Gewinner zügig weiter regieren darf. Seit sieben Monaten herrscht Reformstillstand in dem verarmten EU-Land wegen des erbitterten Machtkampfs zwischen Ponta und Staatspräsident Traian Basescu.
Der Staatschef hatte zuletzt gedroht, die Nominierung des Premiers zu blockieren. Doch seit Sonntag hüllt sich Basescu in Schweigen. Mehr noch, er reiste am Montag zur Verleihung des Friedensnobelpreises.
Ob der Ausflug nach Oslo Basescu die Eingebung für eine Auflösung der für ihn jetzt peinlichen Situation bringt? Schließlich hatte er Ponta im Wahlkampf als „Schwein“ und „Lügner“ beschimpft. Nun aber dürfte der Sozialist Ponta im Parlament nach der neuen Sitzverteilung sogar eine Zweidrittel-Mehrheit hinter sich haben. Dieses demokratische Votum wird Basescu wohl nicht ignorieren können, ohne die Sympathie der Bündnispartner im Westen zu verlieren, die bisher im Konflikt mit Ponta auf seiner Seite waren. Basescu dürfte in Oslo die Gelegenheit nutzen, mit seinen europäischen Kollegen auch darüber zu sprechen.
Die Feindschaft zwischen Präsident und Premier hatte sich verhärtet, weil Ponta in diesem Sommer ein Amtsenthebungsverfahren gegen Basescu in die Wege geleitet hatte. Die EU hatte diesen Vorgang scharf kritisiert, weil Ponta dabei versucht hatte, demokratische Spielregeln auszuschalten. Basescu überstand das Verfahren nur, weil sich zu wenig Rumänen am dazugehörigen Referendum beteiligt hatten. Ponta regiert seit Anfang Mai 2012, nachdem die bürgerliche Vorgängerregierung durch ein Misstrauensvotum im Parlament abgesetzt worden war.
Basescu kann jetzt die Regierungsbildung blockieren, weil er laut Verfassung allein das Recht hat, dem Parlament einen Kandidaten für das Amt des Premiers vorzuschlagen. Werden zwei Kandidaten Basescus vom Parlament abgelehnt, wird die Volksvertretung aufgelöst und es kommt zu Neuwahlen.
Pontas Koalition USL hat nach Angaben der Wahlleitung deutlich mehr als die absolute Mehrheit im Parlament. Nach Auszählung fast aller Wählerstimmen ergaben sich für das Abgeordnetenhaus 58,61 Prozent der Stimmen und für den Senat (Oberhaus) 60,08 Prozent. Das bürgerliche Oppositionsbündnis ARD, dem Basescu nahesteht, kam danach auf 16,58 Prozent (Abgeordnetenhaus) und 16,79 Prozent (Senat).
Doch Basescu ist offenbar nicht Pontas einziges Problem. Auch in seiner Koalition USL aus Sozialisten und Liberalen zeigen sich erste Risse. Ponta will die kleine Ungarn-Partei UDMR als Partner in die Regierung holen.
Damit sind seine Verbündeten von der Nationalliberalen Partei (PNL) nicht einverstanden – dies zeigten Äußerungen vieler PNL-Spitzenpolitiker am Montag. Dieser Streit zeigt, dass Pontas USL noch beweisen muss, dass sie mehr zusammenhält als der Hass gegen Basescu.