Einen Tag nach dem gescheiterten ersten Anlauf hat am Donnerstag die Rettung der Eingeschlossenen aus Ost-Aleppo begonnen – offenbar weitgehend zu den Bedingungen des Assad-Regimes und seiner iranischen Verbündeten.
Nach Angaben des syrischen Staatsfernsehens sollen insgesamt 4000 Kämpfer und ihre Familien aus dem verwüsteten Stadtteil über einen etwa zwanzig Kilometer langen Korridor in die benachbarte Rebellenprovinz Idlib transportiert werden. Nach Angaben des Moskauer Verteidigungsministeriums garantiere Damaskus die Sicherheit der Menschen. Auch werde es in den nächsten Tagen keine Luftangriffe auf Idlib geben.
Am Nachmittag wurden in einem ersten Konvoi aus vierzig Bussen und Krankenwagen 951 Menschen abgeholt, vor allem Schwerverletzte, aber auch etwa 200 Rebellen sowie Frauen und Kinder. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, Aufständische seien dabei, ihre Hauptquartiere, Fahrzeuge und Waffen zu zerstören. Zivilisten verbrannten Möbel und Haushaltsgegenstände, damit sie den Soldaten und Milizen nicht in die Hände fallen. Fernsehbilder zeigten vereinzelte Rauchsäulen über den Rebellenvierteln. Auf Druck des Iran werden gleichzeitig auch rund 1200 Kranke und Verletzte sowie deren Familien aus den beiden schiitischen Dörfern Al-Foua und Kefraya im Nordwesten Syriens abgeholt, die von Assad-Gegnern belagert sind.
Unklarheit herrschte dagegen am Donnerstag weiterhin, was mit den zehntausend übrigen Zivilisten geschehen wird, die sich hungernd und frierend in den letzten beiden noch nicht vom Regime zurückeroberten Quadratkilometern ballen. Der Bürgermeister von Ost-Aleppo, Brita Hagi Hasan, warnte während seines Besuches beim EU-Gipfel in Brüssel, „50 000 Menschen stünden in der Gefahr, Opfer von Massakern des Regimes zu werden“. (Siehe untenstehenden Bericht)
Russland und die Türkei hatten am Dienstagabend zunächst mitgeteilt, sämtliche noch in der total zerstörten Enklave ausharrenden Zivilisten und Kämpfer würden evakuiert. Das Assad-Regime in Damaskus dagegen sträubte sich gegen solche Pläne. Man habe lediglich dem Abtransport der Bewaffneten und ihrer Angehörigen zugestimmt, hieß es in einer ersten Reaktion.
„Wir wollen versuchen, einen Waffenstillstand
für das ganze Land zu vereinbaren.“
Mevlut Cavusoglu,
türkischer Außenminister
Die Türkei kündigte an, man werde sich am 27. Dezember zu einem Dreiergipfel mit dem Iran und Russland in Moskau treffen, um eine politische Lösung des blutigen Konfliktes zu diskutieren, der bisher mindestens 320 000 Menschen das Leben gekostet hat. „Wir wollen versuchen, einen Waffenstillstand für das ganze Land zu vereinbaren und Verhandlungen für eine politische Lösung beginnen“, sagte der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu.
Die Spenden der deutschen Bevölkerung für Syrien gehen nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) deutlich zurück. Während das DRK im vergangenen Jahr 1,13 Millionen Euro an Spenden für Syrien erreichten, erwartet die Hilfsorganisation für 2016 etwa die Hälfte, wie die Funke Mediengruppe am Donnerstag berichtete. Im sechsten Jahr des Krieges gebe es in der Öffentlichkeit möglicherweise einen gewissen Gewöhnungseffekt, was die Lage in Syrien anbelangt, sagte ein DRK-Sprecher. Gerade die schwierige Lage für die Menschen in Aleppo zeige, wie dringend das Rote Kreuz auf Spenden angewiesen sei, um den Menschen vor Ort zu helfen, so der Sprecher.
DRK-Präsident Rudolf Seiters sagte den Zeitungen, dass die Helfer der Organisation in Aleppo „buchstäblich Überlebenshilfe“ leisteten: „Der Bedarf ist immens, aber das Andauern der Kämpfe und der Mangel an Sicherheit erschweren die humanitäre Hilfe sowie auch notwendige Reparaturarbeiten etwa an Infrastruktur und Wasserleitungen gravierend.“ Den Menschen fehle es an allem. Mit Informationen von kna