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Im Allerheiligsten der USA
Washington, Pennsylvania Avenue: Wo Eisenhower grillte und Kennedy seine Geliebten durch die Flure gejagt haben soll, schlägt das Herz der westlichen Supermacht. Ein Rundgang durchs Weiße Haus.
Von unserem Korrespondenten Thomas Seibert
 |  aktualisiert: 14.11.2016 03:51 Uhr

Das Weiße Haus in Washington ist Symbol der Supermacht USA und eines der ungewöhnlichsten Gebäude der Welt. In den 132 Zimmern an der Pennsylvania Avenue im Zentrum der amerikanischen Hauptstadt haben alle amerikanischen Präsidenten bis auf Gründungs-Präsident George Washington gewohnt, doch hat sich das Gebäude grundlegend gewandelt. Die erste Version des Präsidentensitzes wurde Anfang des 19. Jahrhunderts im Krieg gegen die Briten so stark beschädigt, dass das Weiße Hause fast von Grund auf neu errichtet werden musste. Beide Male war der irischstämmige Architekt James Hoban federführend. Nach dem Neubau – bei dem auch Sklaven mitschuften mussten – erhielt das Hauptgebäude seine heutige Form. Weißer Kalkputz gab dem Haus seinen Namen.

Einige der bekanntesten Zimmer des Weißen Hauses kamen erst viel später hinzu. Das Oval Office etwa, der Arbeitsplatz des Präsidenten, wurde erst vor etwa hundert Jahren zusammen mit dem Westflügel eingerichtet. Die Ausstattung des Büros ist trotz der verschiedenen Geschmäcker der diversen Präsidenten weitgehend vorgegeben.

So nutzt der scheidende Amtsinhaber Barack Obama wie die meisten seiner Vorgänger des letzten halben Jahrhunderts den sogenannten „Resolute Desk“ als Schreibtisch: Das Stück besteht aus Teilen des britischen Arktis-Forschungsschiffes „Resolute“ und war Ende des 19. Jahrhunderts ein Geschenk von Königin Victoria an den damaligen Präsidenten Rutherford Hayes.

Das Präsidentenbüro ist so etwas wie das Allerheiligste des amerikanischen Staates, weshalb es immer wieder Ärger über angeblich ungebührliches Verhalten von Präsidenten in dem Zimmer gibt. So sorgten Fotos, die Obama dabei zeigten, wie er seine Füße lässig auf den „Resolute Desk“ legt, bei rechtsgerichteten Kritikern für Verärgerung. Allerdings legte auch Obamas Vorgänger, der Republikaner George Bush, hin und wieder die Füße auf den historischen Tisch. John F. Kennedy eroberte die Herzen der Amerikaner, indem er seinen Sohn unter dem Schreibtisch spielen und sich dabei fotografieren ließ.

Mehrere Aus- und Umbauphasen, die teils wegen Brandschäden 1929 fällig wurden, brachten das Weiße Haus in seine heutige Form mit West- und Ostflügel neben dem zentralen Gebäude mit der bekannten halbrunden Säulenfassade, 35 Badezimmern, 28 offenen Kaminen, einem Schwimmbad, einer Kegelbahn und einem kleinen Kino. Platz für Gäste ist auch – im luxuriösen Lincoln Bedroom. Als Präsident geriet Bill Clinton in den 1990er Jahren in Verdacht, den Lincoln Bedroom an reiche Geldgeber als Belohnung für großzügige Zuwendungen vergeben zu haben.

Manche Veränderungen in dem in vielen Spielfilmen und Fernsehserien verewigten Gebäude sieht man nicht. Im Zweiten Weltkrieg wurde ein Bunker unter dem Weißen Haus eingerichtet, der einem Atomangriff standhalten soll und der während der Terrorangriffe vom 11. September 2001 wichtigen Politikern, Familienmitliedern und Mitarbeitern Schutz bot. Den Bunker, das Kommandozentrum im Keller des Westflügels oder das Oval Office bekommen die hunderttausenden Touristen, die jedes Jahr durch den Gebäudekomplex geschleust werden, nicht zu sehen. Auch die Arbeitsräume der First Lady sowie die Privaträume der Präsidentenfamilie im zweiten Stock des Zentralgebäudes sind für normale Besucher tabu.

Das heißt aber nicht, dass die Kinder eines Präsidenten daheim auf Spielkameraden verzichten müssen. Das sogenannte Solarium auf dem Dach des Zentralgebäudes wird für Parties genutzt und war während der Kennedy-Präsidentschaft ein Kindergarten. Clintons Tochter Chelsea feierte hier mit ihren Freunden, und Obamas Töchter laden ihre Klassenkameraden ins Solarium zum Übernachten ein. Präsident Ike Eisenhower nutzte die Terrasse des Solariums zum Grillen.

Manche von Eisenhowers Kollegen gingen im Weißen Haus wesentlich aktiveren Hobbies nach. Von Kennedy hält sich die Legende, der als Frauenheld bekannte Präsident habe seine Geliebten durch die Flure des Amtssitzes gejagt. Fest steht, dass Kennedy eine Affäre mit einer Praktikantin im Weißen Haus hatte, die im Schwimmbad der Residenz begann. Auch Bill Clinton und Monica Lewinsky kamen sich im Weißen Haus näher, was Hillary Clintons Ehemann beinahe das Amt gekostet hätte.

Von Obama sind solche Eskapaden nicht bekannt; seine Leidenschaft beschränkte sich auf die Einrichtung eines Basketball-Feldes auf dem Tennisplatz des Weißen Hauses. Allerdings hat das Interesse des Sportfans an gelegentlichen Basketball-Spielen im Laufe seiner Amtsjahre erheblich nachgelassen. Neuerdings spielt Obama lieber Golf. Der scheidende US-Präsident, der in den acht Jahren als Chef der westlichen Supermacht sichtlich gealtert ist, kann das künftig auf den Golfplätzen der Welt ausgiebig tun. Obwohl er sich, wie er hat wissen lassen, vor allem auf mehr Schlaf freut.

Verzichten muss er dann auch auf die Präsidentenmaschine Air Force One. Zwei Exemplare der umgebauten Boeing 747 stehen dem Staatschef rund um die Uhr zur Verfügung; beide Flieger haben ein voll ausgestattetes Kommandozentrum und einen OP-Saal an Bord und können in der Luft betankt werden. Ein Raketenabwehrsystem gehört ebenfalls zur Ausstattung. Der Steuerzahler finanziert die fliegenden Paläste mit rund 210 000 Dollar pro Flugstunde.

Für kürzere Strecken nutzt das Staatsoberhaupt häufig den Präsidentenhubschrauber Marine One oder das „Biest“, die gepanzerte Präsidentenlimousine, die ihre Insassen laut Medienberichten mit 20 Zentimeter dicken Metallplatten und 13 Zentimeter dicken Scheiben vor Anschlägen schützt. Eine ganze Schar von Leibwächtern umringt den Präsidenten bei öffentlichen Auftritten. Und wenn dem Staatsoberhaupt der ganze Trubel zu viel wird, kann er sich mit seinem Hubschrauber zu seinem Landsitz Camp David nördlich von Washington bringen lassen.

50. Todestag von John F. Kennedy       -  John F. Kennedy soll seine Geliebten durch die Flure des Weißen Hauses gescheucht haben.
Foto: Robert Knudsen, dpa | John F. Kennedy soll seine Geliebten durch die Flure des Weißen Hauses gescheucht haben.
 
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