Die Männer aus dem peruanischen Naturschutzgebiet Amarakaeri Communal Reserve können zwar nur bruchstückhaft Englisch, um ihre Belange zu erklären. Trotzdem wissen sie auf dem weitläufigen Messegelände von Le Bourget vor den Toren von Paris aufzufallen. Dank ihrer folkloristischen Tracht und bunten Federn auf den Köpfen scharen sich pausenlos Journalisten und Kameraleute um sie. „Wir fordern eine besondere Berücksichtigung von Ureinwohnern in Peru und finanzielle Hilfen für unsere Fauna und Flora“, sagt Juan Pablo Alvz in die Mikrofone.
Aufmerksamkeit ist ein wertvolles Gut bei der zweiwöchigen UN-Klimakonferenz, bei dem 10 000 Unterhändler aus 195 UN-Ländern sowie weitere 30 000 Aktivisten, Vertreter der Wirtschaft oder der Zivilgesellschaft zusammenkommen. Neben den Verhandlungen der Delegationen laufen parallel Konferenzen und Debatten mit oft hochkarätigen Experten. In Pavillons stellen viele Länder ihre Klimaschutzziele vor, Vereine und Nichtregierungsorganisationen informieren an Schauständen.
Das Messegelände, das nach den Terroranschlägen von Paris ein verstärktes Aufgebot von insgesamt 2800 Polizisten absichert, erscheint wie eine eigene kleine Welt mit dem Ziel, die schlimmsten Szenarien für die Zukunft des Planeten zu verhindern.
Kann das noch gelingen? „Das ist eine schöne, entspannte Messe, aber ich habe nicht den Eindruck, dass man hier wirklich auf Nachhaltigkeit setzt. Es gibt ja nicht einmal Stellplätze für Fahrräder“, klagt Romina Ranke, die mit der BUNDjugend Deutschland aus Hannover angereist ist. „Unternehmen, die auf Kosten der Umwelt Profite machen, stellen sich hier als ökologische Vorreiter dar und wahren doch nur den schönen Schein.“ Trotz des offensichtlichen Handlungsbedarfs ist noch nicht ausgemacht, ob bei dieser 21. Klimakonferenz verbindliche Ergebnisse herauskommen. Die französische Präsidentschaft ging ehrgeizig an ihre Organisation heran, um mehr als ein Minimalergebnis wie 2009 in Kopenhagen zu erreichen.
Außenminister Laurent Fabius stellte am Mittwoch einen Zwischenentwurf vor und erklärte, es gebe Fortschritte, aber auch noch viel zu tun bis zu diesem Freitag, wenn der Gipfel enden soll – wenn er sich nicht noch verzögert. Doch spätestens bis Sonntag will man einen Text festzurren mit dem Ziel, den Ausstoß klimaschädlicher Gase bis 2030 so zu senken, dass sich die Erderwärmung auf zwei oder 1,5 Grad Celsius begrenzen lässt.
Fabius zufolge ist das „Niveau des Ehrgeizes“ unterschiedlich ausgeprägt. Während neue Allianzen wie jene aus den USA, Mexiko, Kolumbien, Norwegen, der EU sowie Staaten aus Afrika, der Karibik und dem Pazifik entstand, gelten Ölstaaten wie Saudi-Arabien oder Venezuela als Bremser. Andere einstige Blockierer wie die USA und China, die selbst zunehmend unter Druck geraten sind, haben sich hingegen bewegt. So kündigte US-Außenminister John Kerry an, die Finanzzusagen für die Anpassung an klimabedingte Schäden auf 800 Millionen Dollar zu verdoppeln. Strittig ist noch, ob Industrie- und andere Länder gleich behandelt werden. So forderte der indische Umweltminister Prakash Javadekar in einer gemeinsamen Erklärung mit China, Brasilien und Südafrika mehr Anstrengungen von den Industrieländern und betonte deren „historische Verantwortung“.
Uneinigkeit herrscht auch über die Verbindlichkeit der Klimaschutzzusagen, ihren Kontrollmöglichkeiten – im Gespräch ist ein Rhythmus von fünf Jahren – und deren Startzeitpunkt, nachdem Sanktionen bei Nichteinhaltung ohnehin unrealistisch erscheinen. Dasselbe gilt für die geplanten Finanzhilfen der Industriestaaten für die ärmeren Länder in Höhe von 100 Milliarden Dollar jährlich ab 2020 zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Zumindest versprach eine Gruppe, zu der auch Deutschland gehört, zu Wochenbeginn im Rahmen einer „African Renewable Energy Initiative“ (AREI) rund zehn Milliarden Dollar für den Ausbau erneuerbarer Energien in Afrika. Bis zum Jahr 2030 sollen dort rund 300 Gigawatt Strom aus sauberen Energiequellen erzeugt werden. „Wir haben so viel Sonne – und keine Solarstromindustrie“, sagen Amadou Rou Rai und Anarecu Chaibon von der Delegation aus dem Niger. „Die reichen Länder müssen uns helfen, um unser Leben und unsere Wirtschaft zu verbessern.
“ Das sei auch in Europas Interesse – sonst würde sich die Zahl der Flüchtlinge nur immer weiter erhöhen, die mangels Perspektiven nach Europa strömen.