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„Ich liebe Wahlkampf“
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 02.07.2015 18:48 Uhr

Nicht nur auf Bundesebene diskutieren die Grünen derzeit, wie sie sich personell für die nächste Wahl aufstellen sollen. Auch im Freistaat beginnt die Suche nach schlagkräftigen Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten. Margarete Bause, die die bayerischen Grünen in den Wahlkampf 2013 geführt hat, werden Ambitionen auf ein Bundestagsmandat nachgesagt. Als mögliche Nachfolgerin für 2018 ist die Haushaltsexpertin Claudia Stamm (44) im Gespräch. Die gebürtige Würzburgerin ist die Tochter von Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU).

Frage: In der Süddeutschen Zeitung“ wurden Sie jetzt als Grünen-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2018 gehandelt. Fühlen Sie sich geschmeichelt?

Claudia Stamm (überlegt): Nein, aber es ist schön, wenn einem etwas zugetraut wird.

Der Job interessiert Sie, oder?

Stamm: Es ist noch eine ganze Weile hin bis zur nächsten Landtagswahl. Wichtig ist mir, erst einmal zu schauen, was die Basis will. Eine Urwahl ist nicht unbedingt meine erste Priorität, aber wahrscheinlich täte sie uns Grünen einfach gut. In München bei der Suche nach dem Oberbürgermeisterkandidaten war das ein Erfolgsmodell. Die Urwahl sorgt dafür, grüne Themen ins Gespräch zu bringen, sie sorgt auch für mediale Aufmerksamkeit. Klären müssen wir zuvor aber auch, ob wir eine Doppelspitze wollen oder eine alleinige Spitzenkandidatin oder einen Spitzenkandidaten.

Was favorisieren Sie?

Stamm: Ich bin ein Fan der Doppelspitze. Leider ist es so, dass wir den nächsten Ministerpräsidenten oder die Ministerpräsidentin in Bayern nicht stellen können, deswegen ist es umso wichtiger, möglichst viel an Prozentpunkten herauszuholen. Das geht mit einer Doppelspitze leichter. Vor allem, weil Bayern sehr groß ist und sehr heterogen ist. Da können wir uns thematisch viel breiter aufstellen. Und da rede ich noch gar nicht von den Geschlechtern.

Doppelspitze können auch zwei Frauen oder zwei Männer sein?

Stamm: Nein, zwei Männer nicht. Das schließt die Satzung aus. Aber zwei Frauen, das geht. Rein theoretisch. Nur noch einmal: Vor der Personalentscheidung stehen bei uns Grünen die Inhalte. Es gilt, grüne Positionen und Inhalte etwa in der Energie-, der Flüchtlingspolitik oder im Zusammenhang mit dem G7-Gipfel deutlich zu machen und dabei Konturen und Kante zu zeigen.

Trotzdem noch einmal zurück zur Personaldebatte. Ist der Name Stamm für Sie ein Vorteil oder eher ein Hindernis?

Stamm: Das ist immer beides. Das bin ich aber schon gewohnt, seit ich in der Schule bin. Ich wurde da regelmäßig Barbara genannt, musste auf Barbara hören, habe sogar einen Verweis auf Barbara Stamm ausgestellt bekommen. Ich bin in politischen Diskussionen immer in die CSU-Ecke gestellt worden, bin gar nicht gefragt worden, was meine Einstellung ist. Ich bin viel beobachtet worden. Auf der anderen Seite hat der Name Stamm wahrscheinlich geholfen, als der Direktor das Gespräch mit mir gesucht hat, weil ich oft nicht in der Schule war.

Und in der Politik?

Stamm: Natürlich hilft der Name eine Zeit lang, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber das allein reicht nicht. Die Leute merken ja, wenn man inhaltlich nichts zu bieten hat, dann nützt auch der Name nicht. Das Sticheln in der CSU nach dem Motto „Da ist bei Stamms nicht g'scheit erzogen worden“ hat nachgelassen. Aber ich glaube auch, dass einige meiner grünen Parteifreunde genauer als bei anderen schauen, was ich so mache.

Bei allen politischen Unterschieden, Sie haben bestimmt auch viel gelernt von ihrer Mutter?

Stamm: Ja, das gebe ich gerne zu. Sie ist ihren Weg gegangen in einer sehr männlich geprägten Partei, in einer konservativ-katholischen Stadt. Auch wenn wir viele Reibungen miteinander hatten, ist sie immer ein Vorbild für mein frauenpolitisches Engagement gewesen. Was ich immer noch gern von ihr übernehme, ist dieser Spaß am Kontakt mit den Menschen. Es ist wichtig, auf die Straße zu gehen und zuzuhören. Wie meine Mutter liebe ich Wahlkampf, die Diskussion, auch das Streiten, an Infoständen.

Ist Schwarz-Grün eine Machtperspektive für die bayerischen Grünen?

Stamm: Es geht um Werte und Inhalte. Ich glaube, dass Schwarz und Grün in der Politiker-Generation nach Seehofer einiges an Gemeinsamkeiten haben. Allerdings fährt die CSU vor allem in der Asyldebatte momentan wieder einen Kurs, der gar nicht geht. Da wird es einem schon bei der Wortwahl schlecht, geschweige denn bei den politischen Forderungen. Da wird der alte Stil auf Konfrontation ausgepackt, das ist teilweise ein Anbiedern an Kräfte, die auf keinen Fall mit Werten vereinbar sind, die wir Grüne vertreten.

Bei der Energiewende sah es auch schon mal besser mit Gemeinsamkeiten aus.

Stamm: Ja, nach Fukushima bestand in der CSU – ich glaube auch bei Horst Seehofer – ein gewisser Wille, die Energiepolitik zu verändern. Leider hat man dieses Fenster wieder geschlossen. Jetzt wird die Energiewende von Seehofer und der CSU durch ständiges Nein-Sagen, egal ob zu Strommasten, Windrädern oder atomaren Endlagern, bewusst an die Wand gefahren. Statt staatsmännisch Politik zu machen und Verantwortung für die verfehlte Energiepolitik in der Vergangenheit zu übernehmen, sät die CSU mit ihrer Politik nach dem Motto „Energiewende ja, aber nicht in meinen Vorgarten“ Unfrieden. Das ist eine Politik, die nicht gut für Bayern ist.

Also kein Schwarz-Grün?

Stamm: Koalitionen werden immer nach einer Wahl verhandelt, aber derzeit bestimmt nicht.

Claudia Stamm

Die Grünen-Abgeordnete ist seit 2009 Mitglied des Bayerischen Landtags. Heute ist die 44-Jährige haushaltspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Außerdem gehört die Gleichstellungspolitik zu den Schwerpunkten von Claudia Stamm. Die gebürtige Würzburgerin lebt in Oberbayern. Nach dem Studium der Politik und der Philosophie arbeitete die zweifache Mutter als Journalistin beim Bayerischen Rundfunk. 2012 kandidierte Stamm als Landrätin im Kreis Ansbach. micz/FOTO: Theresa Müller

 
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