Die Nachricht aus Athen ließ in der Schweiz wohl so manch teuer beringte Hand zum Handy greifen: Schon gehört? Machen die Ernst? Zum ersten Mal veranlassten Athener Staatsanwälte Schweizer Behörden, griechische Vermögenswerte zu sperren, um mutmaßlich hinterzogene Steuern einfordern zu können. Der nun bekannt gewordene Schritt lässt reiche Griechen um ihr Vermögen bangen.
Griechen wie Lavrentis Lavrentiadis. Auf 158 Millionen Euro summieren sich die Einlagen auf den nun eingefrorenen Zürcher Konten des Unternehmers. Lavrentiadis hatte viel Geld in der Chemie- und Pharmabranche gemacht, ehe er sich Finanzinstitute zulegte. Im vergangenen Herbst musste seine Athener Bank Proton vom Staat mit über 900 Millionen Euro gerettet werden. Vorher habe er nach Vermutung von Ermittlern noch 700 Millionen Euro illegal ins Ausland geschafft, berichtete die „Basler Zeitung“.
Die Schweiz ist seit einiger Zeit mit wachsendem Erfolg bemüht, das Image eines Schwarzgeld-Paradieses loszuwerden. Deshalb geht man am Zürcher Finanzplatz davon aus, dass die Behörden äußerst kooperativ sein werden. Gemessen am Gesamtumfang griechischer Vermögenswerte in der Alpenrepublik wären die Lavrentiadis-Guthaben zwar Peanuts. Aber der Fall könnte sich als Durchbruch erweisen.
„Griechen, holt euch diese Milliarden!“, empfahl schon zu Jahresbeginn die Boulevardzeitung „Blick“. Dass ihre Heimat auf die Pleite zusteuere, würde einige der reichsten Griechen kalt lassen. „Sie leben in der Schweiz vom gut versteckten Geld.“
Manche der Familien, die jährlich in den Milliardärslisten des Schweizer Wirtschaftsmagazins „Bilanz“ auftauchen, kamen schon vor langer Zeit in die Urheimat des Bankgeheimnisses. Auch der legendäre Aristoteles Onassis. Er machte daheim mit Öltankern Milliarden – und ließe sich wegen des milden Steuerklimas in Sichtweite der Alpen nieder.
Die kühnsten Schätzungen, wie viel Geld Griechen in der Schweiz gebunkert haben und wie viel davon zu Hause dem Fiskus entzogen wurde, reichen bis zu 200 Milliarden Euro. Kein Wunder, dass der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos, der eine „Liste der Schande“ mit den Namen von Steuerschuldnern ins Internet stellen ließ, davon nun endlich etwas für die Staatskasse abhaben möchte.
Was die Eidgenossen betrifft, stehen die Chancen gar nicht schlecht. Im Zuge ihrer neuen sogenannten Weißgeldstrategie, die Geschäfte Schweizer Banken mit ausländischen Steuerhinterziehern künftig unterbinden soll, hatte Bern der Athener Regierung schon voriges Jahr zügige Verhandlungen über ein Steuerabkommen angeboten. Es soll ähnlich aussehen wie jene mit Deutschland und Großbritannien.
Doch bis Athen so weit ist und bis dann ein Abkommen über eine effektive Besteuerung griechischer Milliarden in der Schweiz in Kraft tritt, wird wohl nicht mehr viel zu holen sein. Wegen der Weißgeldstrategie beobachten Banker längst eine Kapitalflucht von Ausländerkonten – weg aus der Schweiz und hin zu Finanzplätzen wie Singapur, die einst auch vielen Griechen als zu exotisch erschienen waren.
Wie Griechenland wirbt
Griechische Unternehmer werben mit einer breit angelegten Anzeigenkampagne und einem neuen Internetportal um Vertrauen und Unterstützung für ihr krisengeschütteltes Land. Die Aktion steht unter dem Motto „Geben Sie Griechenland seine Chance“. Die ganzseitigen Anzeigen wurden am Wochenende in zahlreichen überregionalen Tageszeitungen Deutschlands, Frankreichs und der Niederlande sowie im „Wall Street Journal“ geschaltet. Griechenland habe sich „zu dem härtesten Sparprogramm der neueren Geschichte verpflichtet“, heißt es in den Anzeigen, „weitere Entbehrungen sind unumgänglich“. In den Inseraten heißt es: „Wir werden unsere Versprechen halten. Wir haben aus unseren Fehlern gelernt.“ Getragen wird die Kampagne von 20 griechischen Unternehmen. Text: G. Höhler