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KAIRO
Hoffnung in Ägypten
Von unserem Korrespondenten Martin Gehlen
 |  aktualisiert: 04.08.2013 19:54 Uhr

Durch intensiven internationalen Druck haben in den Kreisen der neuen Machthaber Ägyptens die moderaten Kräfte erstmals gegenüber den Hardlinern ein wenig die Oberhand bekommen. Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei warb am Wochenende in mehreren Interviews um eine friedliche Lösung des Konflikts zwischen Mursi-Anhängern und Mursi-Gegnern.

Er beklagte, er stehe unter einem enormen Druck von Leuten, „die die Muslimbruderschaft ein für allemal zerschlagen“ wollten. Er qualifizierte diese Kreise als „Figuren des Mubarak-Regimes“ sowie als Mitglieder der Sicherheitskräfte und der Übergangsregierung. Deren Vertreter dämonisieren die Muslimbruderschaft in der Regel pauschal als Terroristen und fordern ein kompromissloses Vorgehen.

ElBaradei räumte gleichzeitig ein, es gebe auch sechs Wochen nach dem Sturz von Mohammed Mursi noch keinen organisierten Dialog mit der Führung der Muslimbrüder. Die zweite Friedensnobelpreisträgerin der arabischen Welt, Tawakkol Karman, wurde unterdessen von ägyptischen Grenzbeamten in Kairo „aus Sicherheitsgründen“ an der Einreise gehindert. Sie durfte den Flughafen nicht verlassen und wurde gezwungen, nach Jemen zurückzufliegen. Karman hatte die Absetzung von Mursi durch die Armee als undemokratisch bezeichnet.

In der Nacht zu Sonntag traf sich Armeechef Abdel Fattah El-Sissi erstmals mit einer sechsköpfigen Delegation islamistischer Vertreter, denen jedoch kein Mitglied der Muslimbruderschaft angehörte. Nach Angaben des salafistischen Scheichs Mohamed Hassan versprach Sissi der Abordnung, die Protestcamps der Islamisten würden nicht mit Gewalt geräumt, um den Boden für eine nationale Versöhnung vorzubereiten. Als Gegenleistung verlangte der oberste General Ägyptens, die Redner auf den Tribünen in Nasr City und Dokki müssten ihren Ton mäßigen, die Sit-ins müssten friedlich bleiben und dürften sich nicht weiter in die umliegenden Straßen ausdehnen.

In der Woche zuvor hatte das Interimskabinett Innenminister Mohamed Ibrahim autorisiert, die Versammlungsplätze der Mursi-Anhänger mit Gewalt aufzulösen. Bisher jedoch hält sich die Polizeiführung zurück, beschränkte sich auf Appelle an die Sitzstreikenden, friedlich nach Hause zu gehen. Baradei erklärte, er stemme sich mit allen erdenklichen Mitteln gegen eine gewaltsame Auflösung der Protestlager.

Wenn der Einsatz von Gewalt am Ende dennoch notwendig sei, dann „mit geringstmöglichen Zahlen von Opfern“. Am vorletzten Wochenende hatten Scharfschützen der Polizei gezielt das Feuer auf Pro-Mursi-Demonstranten in Nasr City eröffnet und 82 von ihnen erschossen – meist mit gezielten Todesschüssen in Kopf, Hals oder Herz.

Die Muslimbruderschaft mobilisierte am vergangenen Freitag bei brütender Hitze erneut zehntausende Demonstranten.

 
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