Bei den US-Vorwahlen im Bundesstaat New Hampshire haben Multimilliardär Donald Trump und der selbsterklärte Sozialist Bernie Sanders mit großem Abstand gewonnen. Hinter Trump etablierte sich Ohios Gouverneur John Kasich als neuer Hoffnungsträger gemäßigter Republikaner. Jungstar Marco Rubio stürzte nach seiner verheerenden TV-Debatte auf einen bitteren fünften Platz.
„Oh, wow. Wow, wow, wow“, erklärt Trump, als er am späten Abend die Bühne seines Hauptquartiers in der Bundesstaatshauptstadt Manchester erklimmt. Der 69-jährige Populist, der seinen Anhängern rauschende Siegeszüge verspricht, war ruhiger geworden, nachdem ihn die erste Nagelprobe in Iowa auf Platz zwei verbannt hatte. Nun ist er rehabilitiert: 35,2 Prozent der Konservativen stimmen in New Hampshire für den Casino-Mogul, bis zum Zweitplatzierten John Kasich (15,8) klaffen 19 Prozentpunkte Abstand. „Die Welt wird uns wieder respektieren“, ruft Trump, während seine Anhänger ihn mit „USA!“-Sprechchören feiern. „Ihr werdet alle so glücklich sein!“
Ein paar Straßen weiter ist die Stimmung schlechter. „Unsere Enttäuschung heute Abend hat nichts mit euch zu tun“, erklärt Floridas Senator Marco Rubio seinen Unterstützern. „Ich war nicht gut am Samstagabend. Das wird nie wieder vorkommen.“ Der 44-Jährige war nach Iowa zum Hoffnungsträger des Establishments aufgestiegen, hatte am Wochenende aber ernste Zweifel gesät, als er in einer TV-Debatte mehrfach dieselben auswendig gelernten Sätze wiederholte, obwohl ihm genau das vorgeworfen worden war.
Statt seine Stellung zu festigen, schmiert Rubio in New Hampshire nun ab; mit 10,5 Prozent liegt er gerade mal auf Platz fünf. Selbst sein politischer Ziehvater Jeb Bush landet vor ihm – 11,1 Prozent reichen zum Weitermachen, aber angesichts der Millionenbeträge, die Bush in New Hampshire verpulvert hat, ist das kein großer Erfolg. Den feiert an diesem Abend John Kasich. Der 63-jährige Gouverneur aus Ohio hat sich mit einer optimistischen Kampagne der leisen Töne vom Rest des Felds distanziert und alles auf eine Karte gesetzt:
Statt sich im evangelikalen Iowa zu verausgaben, hat er sich ganz auf New Hampshire konzentriert; bei einer Niederlage wäre ihm finanziell die Puste ausgegangen. Nun darf er auf neue Spenden hoffen, aber damit ist noch längst nichts entschieden: Rubio ist keineswegs schon erledigt, Bush hat mehr Geld und ist im Süden inhaltlich besser positioniert. Als Nächstes stimmen die Republikaner am 20. Februar in South Carolina ab. Für Kasich geht es ums Durchhalten – seine Hoffnungen ruhen auf dem März, wenn der Mittlere Westen zum Zug kommt.
Bei den Demokraten bleibt Hillary Clinton die Favoritin für die Präsidentschaftskandidatur, aber zufrieden kann sie nicht sein: Mit 38,3 Prozent liegt sie fast 22 Punkte hinter Konkurrent Bernie Sanders aus dem benachbarten Vermont (60 Prozent) – eine Demütigung, die viel zu hoch ausgefallen ist, um sie auf den Heimvorteil des Senators zu schieben. Selbst bei den weiblichen Wählern hat Clinton verloren. Obwohl Sanders auf die Unterstützung von Großspendern verzichtet, wird ihm der Sieg an der Basis Millionen bescheren. „Was die Wähler in New Hampshire heute Nacht bestätigt haben“, sagt der 74-Jährige in seiner halbstündigen Siegesansprache, „ist nichts weniger als der Beginn einer politischen Revolution.“
Clintons Büro verschickt noch vor der offiziellen Niederlage eine Pressemitteilung mit Blick nach vorn: Ihre Kampagne sieht sich am 27. Februar bei der demokratischen Vorwahl in South Carolina im Vorteil und dann vor allem im März, wenn bevölkerungsreiche Staaten mit großen Metropolen abstimmen, darunter Texas und Florida. Clinton hofft auf die Unterstützung von Minderheiten und will ihren Kampf für die Anliegen afroamerikanischer Bürger noch stärker in den Vordergrund rücken.
Das Magazin „Politico“ berichtet über Pläne, mit den Müttern von Eric Garner und Trayvon Martin aufzutreten, zwei unbewaffneten Schwarzen, die in Auseinandersetzungen mit der Polizei und einem Nachbarschaftswächter starben. Sanders ist ihr allerdings auf den Fersen: Der erste jüdische Kandidat, der je eine Präsidentschaftsvorwahl gewonnen hat, wollte sich noch am Mittwoch im New Yorker Stadtteil Harlem mit dem schwarzen Bürgerrechtler Al Sharpton treffen.