Hillary Clinton hat es geschafft: Nach Vorwahlsiegen in Kalifornien, New Jersey, New Mexico und South Dakota galt ihre Präsidentschaftskandidatur am Mittwoch als gesichert. Mit der Demokratin führt erstmals in der US-Geschichte eine Frau eine große Partei ins Rennen um das Weiße Haus. Präsident Barack Obama gratulierte seiner ehemaligen Außenministerin, doch ihr parteiinterner Rivale Bernie Sanders will weiterkämpfen.
Zuerst kam eine Twitter-Botschaft. „An jedes kleine Mädchen mit großen Träumen“, teilte Hillary Clinton am Dienstagabend (Ortszeit) mit: „Ja, du kannst alles sein, was du willst – sogar Präsidentin.“ Dann jubelte die 68-Jährige live: „Wir haben einen Meilenstein erreicht“, rief sie vor Anhängern in Brooklyn im Bundesstaat New York, wo sie die Krone ihrer Partei reklamierte. „Beim heutigen Sieg geht es nicht um eine Person – er gehört Generationen von Frauen und Männern, die gekämpft, Opfer gebracht und diesen Augenblick möglich gemacht haben.“
Von der Hauptstadt Washington abgesehen, haben am Dienstag im demokratischen Vorwahlentscheid die letzten sechs Bundesstaaten abgestimmt. Clinton gewann die vier wichtigsten und hat nun 15,6 Millionen Wähler auf sich vereint. Sanders, der sich nur in Montana und North Dakota durchsetzen konnte, kommt auf 11,9 Millionen.
Beim Parteitag im Juli wird Clinton mit mindestens 2184 Abgeordneten eine klare Mehrheit der 4051 einfachen Delegierten hinter sich haben, die über die Nominierung entscheiden. Dazu kommen nach heutigem Stand mindestens 571 von gut 700 sogenannten Superdelegierten – Würdenträger der Partei, die durch den Vorwahlprozess nicht gebunden sind. Statt der insgesamt nötigen Mehrheit von 2382 Abgeordneten verfügte Clinton am Mittwoch damit schon über 2755 Stimmen.
Das Weiße Haus teilte in der Nacht mit, Präsident Barack Obama habe mit beiden Kandidaten telefoniert. „Der Präsident gratulierte Hillary Clinton“, hieß es in der Stellungnahme. „Ihre historische Kampagne hat Millionen inspiriert und setzt einen lebenslangen Kampf für Mittelschichtsfamilien und Kinder fort.“
Obama ließ auch Sanders' Erfolge loben; auf Ersuchen des Senators will er sich am Donnerstag mit ihm treffen. Presseberichten zufolge ist dann auch eine Zusammenkunft zwischen Sanders und dem demokratischen Minderheitenführer im Senat, Harry Reid, vereinbart. Reid hatte Sanders vergangene Woche zum Rückzug aufgefordert. Mit Nancy Pelosi hat sich auch die demokratische Minderheitenführerin im Repräsentantenhaus für Clinton ausgesprochen.
Bernie Sanders dachte aber zunächst noch nicht daran aufzugeben. Am Dienstagabend lobte er Clinton zwar für einen „sehr liebenswürdigen Anruf“ und gratulierte ihr zu ihrem Sieg. Er versprach mehreren Tausend Anhängern im kalifornischen Santa Monica aber auch, bis zum Parteitag weiterzumachen. „Wir werden hart dafür kämpfen, die Vorwahl in Washington DC zu gewinnen, und dann tragen wir unseren Kampf für soziale, rassen- und umweltpolitische Gerechtigkeit nach Philadelphia in Pennsylvania“, rief er.
Das Kalkül dahinter ist kühn: Sanders will die Superdelegierten, die Hillary Clinton stützen, davon überzeugen, dass er gegen den mutmaßlichen republikanischen Bewerber Donald Trump der bessere Kandidat ist. Wenn Hunderte auf seine Seite wechseln, kann er Clinton noch schlagen. Sie ist allerdings beim Establishment der Partei weitaus besser verwurzelt. Überdies hat Sanders die Existenz von Superdelegierten bislang als undemokratisch gegeißelt.
Clinton selbst kam Sanders und seinen Anhängern am Dienstag emotional entgegen: „Ich weiß, dass es sich nie gut anfühlt, wenn man sein Herz in eine Sache oder einen Kandidaten investiert, und den Kürzeren zieht. Ich kenne dieses Gefühl gut“, sagte sie in Anspielung auf ihre Niederlage gegen Barack Obama im Jahr 2008. Auf den Tag genau vor acht Jahren hatte sie dem aufstrebenden jungen Senator damals ihre Unterstützung versprochen.
Sanders hat bislang nicht klar erkennen lassen, was er für eine Einigung der Partei zu tun bereit wäre. Die Anti-Establishment-Wähler in seinem Lager sehen sich schon von anderer Seite umgarnt: „Wir heißen euch mit offenen Armen willkommen“, sagte der mutmaßliche republikanische Bewerber Donald Trump auf einer seiner Golfanlagen im Bundesstaat New York.