Noch nicht allzu lange ist es her, da hat man den Besuch an der Tankstelle aufgeschoben, so lange es ging. Bei Preisen von bis zu 1,67 pro Liter E10 wie es sie laut ADAC im September 2012 gab, war das kein Wunder. Doch diese Zeiten scheinen in weite Ferne gerückt. Im Oktober kostete ein Liter E10 laut Angaben des ADAC durchschnittlich rund 1,47 Euro. Auch das Heizöl ist günstig wie lange nicht.
Grund ist der niedrige Rohölpreis. Um rund 30 Prozent ist der Ölpreis seit Juni dieses Jahres gesunken.
Die Ursachen hierfür sind vielseitig. Zum einen spielt die weltweit abflauende Konjunktur eine Rolle. Hinzu kommt, dass die Staaten mehr Öl als vereinbart produzieren und zugleich die USA versuchen, durch die Schieferölproduktion in energetischer Hinsicht autark zu werden.
Doch es gibt noch einen wichtigen Faktor, sagt Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. „Die Ölpreisentwicklung wird derzeit weniger durch fundamentale Marktdaten, sondern in erster Linie durch Erwartungen und Meinungen bestimmt.“
Oft genug gehen solche Spekulationen zulasten der Verbraucher. Diesmal nicht. Ebenso wie die Wirtschaft können sie von dem Preisverfall profitieren. „Ein niedriger Ölpreis ist grundsätzlich eher positiv zu werten, für die konjunkturelle Entwicklung in Staaten mit hohen Ölimporten wie Deutschland“, so Kemfert. Ein Wettbewerbsvorteil lässt sich aus dieser Entwicklung jedoch kaum ziehen, heißt es seitens des bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie. Auch die Konkurrenten in anderen Ländern profitierten von den gesunkenen Ölpreisen.
Auf die Nachfrage in der Region wirkt sich der niedrige Preis bislang nur bedingt aus. „Es gibt keinen signifikant höheren Absatz an Tankstellen“, sagt Jürgen Lobig, Geschäftsführer der Erik-Walther-Mineralölhandelsgesellschaft. Das Schweinfurter Unternehmen betreibt unter anderem insgesamt 65 Tankstellen in Bayern sowie in Südthüringen, Hessen und Baden-Württemberg. In einem ländlich geprägten Gebiet seien Menschen auf ihr Auto angewiesen, sagt Lobig. „Wenn der Preis steigt, gibt es kurzfristige Tendenzen zu Fahrgemeinschaften.“
Auch beim Heizöl ist die Nachfrage nicht explodiert. Zwar wollten viele Verbraucher das niedrige Preisniveau nutzen, doch wegen der milden Winter der vergangenen Jahre, seien die Heizöltanks oft noch gut gefüllt, so Lobig.
Wie viele in der Branche schaut auch er nun gespannt nach Wien, wo sich am Donnerstag die Vertreter der OPEC treffen. Dort debattieren sie nicht nur über den Ölpreis. Ihre Entscheidungen haben Einfluss auf die Weltpolitik.
Die OPEC-Vertreter haben bei der Tagung ein gemeinsames Ziel: „Das gemeinsame Interesse der Gewährleistung steigender Ölpreise“, so Kemfert. Allein, die Einzelinteressen der Staaten sind sehr verschieden. Daher wird vor allem eine Frage zu hitzigen Debatten führen: Wird die Fördermenge reduziert, um den Preis zu stabilisieren, oder nicht?
Nur einige der OPEC-Länder hätten derzeit grundsätzlich Interesse, weniger Öl zu verkaufen, sagt Kemfert. Saudi-Arabien etwa, das größte Förderungsland, spricht sich bislang dagegen aus. Für andere hätten Kürzungen gravierende wirtschaftliche Folgen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg könnten Libyen, Irak und Iran bei Produktionskürzungen ausgenommen werden, damit deren Öleinnahmen nicht einbrechen.
Sollte sich die OPEC für einen solchen Schritt aussprechen, wären die Folgen auch für den Verbraucher spürbar. „Wenn die OPEC-Mitglieder das gemeinsame Fördermengenziel herabsetzen, hat dies sicherlich Auswirkungen auf den Ölpreis“, so ein Sprecher des bayerischen Wirtschaftsministeriums.
Kemfert ist skeptisch, was den Ausgang der OPEC-Tagung angeht: „Es wird interessant zu beobachten sein, ob die OPEC sich zu einer gemeinsamen Strategie der Öl-Förderquoten-Entwicklung wird überhaupt durchringen können.“ Auch Lobig von der Schweinfurter Firma Walther geht nicht von Mengenkürzungen aus. „Insofern erwarten wir von dem OPEC-Treffen keinen preistreibenden Effekt.“
Die OPEC
Im Jahr 1960 wurde die Organisation Erdöl exportierender Länder (Organization of the Petroleum Exporting Countries), kurz OPEC, von den Staaten Iran, Irak, Kuwait, Saudi-Arabien und Venezuela gegründet. Im Laufe der Zeit schlossen sich einige Länder an, andere verließen sie wieder. Derzeit sind neben den Gründungsstaaten noch Katar, Libyen, die Vereinigten Arabischen Emirate, Algerien, Nigeria, Ecuador und Angola Mitglieder.
Diese 12 Staaten produzieren etwa 40 Prozent des Öls weltweit und besitzen etwa 75 Prozent der weltweiten Ölvorkommen. Als ihre Aufgabe definiert die OPEC die Koordination und Vereinheitlichung der Ölpreise auf dem Weltmarkt, um so den Preis zu stabilisieren. Ziel der Vereinigung ist es, eine gemeinsame Erdölpolitik zu betreiben. Es gibt verschiedene Meinungen darüber, ob die OPEC als Kartell einzustufen ist. Text: sas