Vor der entscheidenden Woche im Drohnen-Untersuchungsausschuss ist ein weiterer Hinweis aufgetaucht, dass schon früh gravierende Probleme beim Rüstungsprojekt „Euro Hawk“ bekannt waren. Für den US-Hersteller der Drohne, Northrop Grumman, habe schon im Februar 2010 festgestanden, dass der „Euro Hawk“ keine Zulassung für den regulären Flugbetrieb in Europa bekommen würde, berichtete die „Bild am Sonntag“ unter Berufung auf geheime Firmenunterlagen. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück machte Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) wegen des Debakels bei dem Projekt schwere Vorwürfe und verlangte indirekt dessen Rücktritt.
Das Verteidigungsministerium hatte das „Euro Hawk“-Projekt im Mai 2013 wegen massiver Zulassungsprobleme und einer drohenden Kostenexplosion gestoppt. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich laut Rechnungshof bereits vertragliche Verpflichtungen in Höhe von 668 Millionen Euro angesammelt. De Maiziere will erst danach vom tatsächlichen Ausmaß der Probleme erfahren haben. Allerdings gibt es mehrere Schriftstücke, die dies zweifelhaft erscheinen lassen.
De Maiziere steht wegen des gescheiterten Projekts schwer unter Druck. Der Untersuchungsausschuss des Bundestages arbeitet den Fall derzeit auf. Am Mittwoch muss der Minister dem Gremium Rede und Antwort stehen. An diesem Montag werden zunächst Vertreter der „Euro Hawk“-Hersteller dort aussagen – darunter der Chef von Northrop Grumman, Janis Pamiljans. Laut „Bild am Sonntag“ waren bei Northrop Grumman bereits vor drei Jahren erhebliche Probleme mit dem Projekt abzusehen. In einer Vorlage für eine Krisensitzung der Firma am 3. Februar 2010 heiße es: „Der Euro Hawk in seinem jetzigen Zustand wird niemals die Anforderungen eines umfassenden Musterprüfverfahrens erfüllen.“ Diese Einschätzung hatte laut Bericht zuvor das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung den Amerikanern übermittelt. Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels sagte dem Blatt: „Nach unserer Aktenkenntnis hätte die Bundeswehr das ,Euro Hawk'-Projekt wegen der Zulassungsprobleme schon 2010 stoppen können.“ Es werde deutlich, dass sich der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) genauso wenig um das Drohnenprojekt gekümmert habe wie sein Nachfolger de Maiziere.
Der Grünen-Verteidigungspolitiker Omid Nouripour sagte, es sei nicht neu, dass Guttenberg viele offene Baustellen hinterlassen habe. „Die Frage ist, warum de Maiziere sich nicht darum gekümmert hat.“
SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück warf de Maiziere vor, er habe die Öffentlichkeit getäuscht und zugelassen, dass Hunderte Millionen Euro an Steuergeld in den Sand gesetzt worden seien. „Er hat offenbar die Unwahrheit gesagt“, sagte Steinbrück der „Welt am Sonntag“. Indirekt legte er de Maiziere den Rücktritt nahe: „Wenn er seinen eigenen – unzweifelhaft hohen – Maßstäben folgt, dann müsste er zurücktreten.“