Die pakistanische Führung steckt in einer schweren politischen Krise. Die Justiz ordnete am Dienstag Haftbefehl gegen Ministerpräsident Raja Pervez Ashraf in einer Korruptionsaffäre an, während in der Hauptstadt Islamabad Tausende Menschen aus Protest gegen die Regierung auf die Straße gingen. Angeführt wurde die Großdemonstration von dem angesehenen Prediger Tahir ul-Qadri, der die sofortige Auflösung des Parlaments forderte.
Das Oberste Gericht habe angewiesen, dass alle 16 Verdächtigen unabhängig von ihrem Rang festgenommen würden, sagte der Anwalt Aamir Abbas vom Pakistanischen Anti-Korruptionskomitee. Den Beschuldigten werde Bestechlichkeit bei der Vergabe von Verträgen im Energiesektor vorgeworfen. Ashraf sei zur fraglichen Zeit Minister für Wasser und Energie gewesen, sein Name stehe auch auf der Liste, sagte Abbas. Die Beschuldigten sollten sich am Donnerstag vor dem Gerichtshof einfinden.
Das Oberste Gericht bestätigte die Angaben des Anwalts Abbas in einer am frühen Abend veröffentlichten Erklärung. Informationsminister Qamar Zaman Kaira sagte indes, weder die Regierung noch das Justizministerium oder der Regierungschef selbst hätten eine schriftliche Anordnung vonseiten der Justiz erhalten. Die Führung werde erst eine offizielle Mitteilung abwarten und dann entscheiden, wie sie reagiere, sagte er im privaten Fernsehen.
Die Justizentscheidung erfolgte in einem Moment, da die Regierung ohnehin unter enormem Druck steht. Nahe des Parlaments harrten am Dienstag weiterhin rund 25 000 Demonstranten aus. Als die Neuigkeit der Justizentscheidung zu ihnen durchdrang, brachen sie in Jubel aus. „Das ist unser erster Sieg“, sagte Sadiq Qureshi, der Stellvertreter von Qadri. „Wir werden hierbleiben, bis alle unsere Forderungen erfüllt sind.“
Qadri hatte am Montag einen Protestmarsch Zehntausender Anhänger nach Islamabad geführt. Er setzte der Regierung ein Ultimatum bis Dienstagmorgen, das Parlament aufzulösen. Da die pakistanische Führung dieses ignorierte, rief er seine Anhänger auf, weiter auszuharren.
Der pakistanische Oppositionspolitiker Imran Khan forderte Präsident Asif Ali Zardari zum Rücktritt auf. Es müssten sofort Neuwahlen angesetzt werden, da „Wandel ohne freie und faire Wahlen unmöglich“ sei, sagte der frühere Cricketspieler in Lahore.
In Pakistan finden Mitte Mai ohnehin Parlamentswahlen statt, das Parlament müsste Mitte März aufgelöst werden. Qadri fordert jedoch die sofortige Einsetzung einer Übergangsregierung in Absprache mit Militär und Justiz, die Reformen durchsetzen soll. Die derzeitigen Behörden hält der Prediger für „unfähig“ und „korrupt“.