Es sollte eine Provokation sein, und die ist gelungen. „Hände weg von meiner Nutte!“, fordern männliche Prominente in einer Petition gegen die geplante Bestrafung von Freiern in Frankreich.
Veröffentlicht wird dieses „Manifest der 343 Dreckskerle“ erst in ein paar Tagen (am 7. November) im Monatsmagazin „Causeur“ („Plaudertasche“), doch schon jetzt sorgt es für hitzige Debatten.
Während in Deutschland 90 bekannte Persönlichkeiten einen von Alice Schwarzers feministischem Magazin „Emma“ initiierten „Appell gegen Prostitution“ unterzeichnet haben, wollen die selbst ernannten französischen „Dreckskerle“ genau das Gegenteil erreichen. Sie kritisieren ein geplantes Gesetz der sozialistischen Regierung, käuflichen Sex zu verbieten und Kunden mit 1500 Euro Strafe zu belegen, das ab Ende November in der Nationalversammlung debattiert wird. Mit guten Chancen auf Erfolg, da die konservative Opposition das Vorhaben unterstützt, wenn auch nur gut ein Viertel der Bevölkerung Geldstrafen zustimmt.
„Jeder hat das Recht, frei seine Liebreize zu verkaufen – und das sogar gern zu tun. Wir lehnen es ab, dass Abgeordnete Normen über unser Verlangen und unseren Spaß vorschreiben“, heißt es in dem Manifest, unterzeichnet unter anderem von Frédéric Beigbeder, Schriftsteller und Chef des Männer-Magazins „Lui“ („Er“), und Staranwalt Richard Malka, der ausgerechnet Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn bei seinen Sex-Affären verteidigt.
Der Text stammt allerdings von einer Frau, „Causeur“-Chefredakteurin Élisabeth Lévy. „Wir verteidigen nicht die Prostitution, sondern die Freiheit“, erklärt sie. Sie habe den heutigen Feministinnen ans Schienbein treten wollen, diesen „Staubwedel-Brigaden“, die sich nur noch für gerechte Aufteilung im Haushalt interessierten.
Bekannt gemacht wurden nur 19 Unterzeichner der Petition. Einer von ihnen, der Humorist Nicolas Bedos, hat sich wieder davon distanziert, erschrocken über sein öffentliches Bild eines Machos, der die Dienste von Prostituierten in Anspruch nimmt und darüber, dass kaum einer über diese Art Humor lacht. Die „343 Dreckskerle“ sind eine Anspielung auf den 1971 von der Philosophin Simone de Beauvoir lancierten „Appell der 343“ für ein Ende des Abtreibungsverbots. „Ich habe abgetrieben“, bekannten sich 343 Frauen, darunter Stars wie Jeanne Moreau und Catherine Deneuve, öffentlich. Ein Satiremagazin taufte sie die „343 Schlampen“. Es handle sich nicht um denselben Kampf für Freiheit, sagt Anne Zelinsky, eine der Urheberinnen und Präsidentin der „Liga der Frauenrechte“: „Welche Verbindung soll es geben zwischen uns „Schlampen“, die die verbotene Freiheit einforderten, über unseren eigenen Körper zu verfügen, und den „Dreckskerlen“, die heute das Recht einfordern, gegen Bezahlung und straffrei über den Körper bestimmter Frauen zu verfügen?“
Die Befürworter eines Prostitutionsverbotes argumentieren, eine Frau verkaufe ihren Körper immer aus einem gewissen Zwang heraus, ob wirtschaftlich oder psychologisch. Ende Oktober protestierten hingegen 300 Frauen aus dem Sex-Gewerbe gegen das Gesetzesvorhaben: Eine Bestrafung der Freier sei ihr (wirtschaftlicher) Tod und gefährde ihre Gesundheit und Sicherheit.
Da in Frankreich Bordelle verboten sind, gehen viele Huren ihrem Geschäft im Freien oder in Mini-Vans nach, etwa im berüchtigten Pariser Stadtpark Bois de Boulogne. Wenn die „Dreckskerl“-Aktion ein Verdienst hat, dann zumindest den, eine alte Debatte neu anzustoßen.